Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltsgebühren bei Beiordnung eines Rechtsanwalts als Terminsvertreter des verhinderten Pflichtverteidigers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes als Vertreter des Pflichtverteidigers ist zulässig.
2. Die Pflichtverteidigergebühren entstehen im Fall der Vertretung aber insgesamt nur einmal.
Normenkette
BRAO § 53; RVG §§ 5, 56 Abs. 2 Sätze 2-3
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Dem Angeklagten war durch Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer vom 3. April 2007 Rechtsanwalt Dr. M. als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Zu den Hauptverhandlungstagen am 12. und 20. September 2007 war Rechtsanwalt Dr. M. verhindert. Für ihn erschien der Antragsteller, den der Vorsitzende jeweils "für den heutigen Hauptverhandlungstag" bzw. "für den heutigen Hauptverhandlungstermin" als Pflichtverteidiger beiordnete.
Rechtsanwalt Dr. M. hatte unter dem 27. September 2007 die Festsetzung seiner Pflichtverteidigergebühren beantragt und dabei eine Grundgebühr gemäß Nrn. 4101, 4100 VV-RVG, zwei Verfahrensgebühren gemäß Nr. 4104 f. VV-RVG bzw. 4112 f. VV-RVG, eine Terminsgebühr gemäß Nrn. 4112, 4114 f. VV-RVG für den von ihm wahrgenommenen Hauptverhandlungstermin am 21. August 2007, die Post- und Dokumentenpauschalen sowie Mehrwertsteuer geltend gemacht. Der Gesamtbetrag von 949,68 € war antragsgemäß festgesetzt worden.
Unter dem 1. Oktober 2007 beantragte auch der Antragsteller die Festsetzung von Pflichtverteidigergebühren. Er machte ebenfalls die Grundgebühr gemäß Nrn. 4101, 4100 VV-RVG in Höhe von 162,00 € sowie eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4112 f. VV-RVG in Höhe von 151,00 € geltend und daneben zwei Terminsgebühren gemäß Nrn. 4112, 4114 f. VV-RVG in Höhe von 526,00 €, die Postpauschale von 20 € und 19 % Umsatzsteuer.
Die Kostenbeamtin fragte nach Eingang dieses Antrags beim Vorsitzenden der Strafkammer an, ob der Antragsteller lediglich für die jeweiligen Hauptverhandlungstermine beigeordnet oder ob er als weiterer Pflichtverteidiger neben Rechtsanwalt Dr. M. bestellt worden sei. Der Vorsitzende vermerkte in den Akten, dass - wie beantragt - die Beiordnung lediglich für die jeweiligen Sitzungstage erfolgt sei.
Die Kostenbeamtin setzte darauf mit Verfügung vom 25. Januar 2008 die Pflichtverteidigergebühren für den Antragsteller auf 649,74 € inklusive Postpauschale und Mehrwertsteuer fest. Die Grund- und die Verfahrensgebühr setzte sie mit der Begründung ab, diese Gebühren stünden einem "nur für den jeweiligen Hauptverhandlungstermin in Vertretung beigeordneten Anwalt" nicht zu.
Die dagegen gerichtete Erinnerung des Antragstellers wies der Einzelrichter der 1. großen Strafkammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurück. Unter Berufung u. a. auf die Entscheidung des 1. Strafsenates dieses Gerichts vom 25. August 2006 (1 Ws 423/06, Nds.Rpfl. 2006, 375) führte er aus, dass es dem erkennenden Gericht vor dem Hintergrund der Zulässigkeit einer Vertretung des bestellten Pflichtverteidigers im Falle von dessen vorübergehender Verhinderung auch möglich sein müsse, den Vertreter nur unter Beschränkung auf den Zeitraum der Abwesenheit des Pflichtverteidigers beizuordnen. Der Vergütungsanspruch, der dem als Vertreter beigeordneten Verteidiger in seiner Person entstehe, könne dann nicht höher sein als jener Anspruch, den der verhinderte Pflichtverteidiger hätte geltend machen können. Insbesondere entstünden die Grundgebühr für die erstmalige Einarbeitung und die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts nur einmal. Hier sei der Antragsteller lediglich als Vertreter des verhinderten Pflichtverteidigers Dr. M. beigeordnet worden, weil die Beiordnung jeweils nur für einen einzelnen Sitzungstag erfolgt sei und sich aus dem Verfahrensablauf ergebe, dass ein zweiter Pflichtverteidiger nicht habe bestellt werden sollen. Dabei sei es ohne Bedeutung, wenn aus den Beiordnungsbeschlüssen vom 12. und vom 20. September 2007 die Beiordnung als Vertreter des weiterhin bestellten Pflichtverteidigers Dr. M. nicht ausdrücklich hervorgehe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er ist der Auffassung, die Gebühren eines Pflichtverteidigers stünden ihm vollumfänglich zu. Er sei weder als Vertreter noch lediglich für jeweils einen Hauptverhandlungstermin beigeordnet worden, sondern uneingeschränkt als (weiterer) Pflichtverteidiger. Dies ergebe sich bereits aus dem Umfang der von ihm entfalteten Tätigkeiten und aus der Dauer der jeweils wahrgenommenen Sitzungstermine. Unter dem 31. August 2007 habe der Vorsitzende der Kammer den Angeklagten gebeten, "einen anderen Pflichtverteidiger vorzuschlagen", weil bei dem beigeordneten Verteidiger Dr. M. Terminprobleme bestanden. Darauf habe der Angeklagte um die Beiordnung des Antragstellers ersucht, dem der Vorsitzende mit den Beiordnungsbeschlüssen gefolgt sei. Zudem habe der Antragsteller nicht nur an den beiden zeitaufwändig...