Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer zulässigen Verfahrensrüge der Verletzung des Beweisverwendungsverbots aus § 97 Abs. 1 S. 3 InsO mit dem vorausgesetzten Vortrag der Verwendung einer aufgrund der Verpflichtung erteilten Auskunft ohne Zustimmung des Angeklagten
Leitsatz (amtlich)
1. Eine zulässige Verfahrensrüge der Verletzung des Beweisverwendungsverbots aus § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO setzt den Vortrag voraus, eine aufgrund der Verpflichtung aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO erteilte Auskunft sei ohne Zustimmung des Angeklagten verwendet worden.
2. Der im Eröffnungsverfahren durch das Gericht bestellte Insolvenzgutachter gehört nicht zu den Auskunftsberechtigten im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO. Es besteht daher kein Beweisverwendungsverbot gemäß § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO für Auskünfte, die der Insolvenzschuldner ihm gegenüber erteilt hat.
3. Die Pflicht des Insolvenzschuldners zur Vorlage von Unterlagen beruht auf der allgemeinen Mitwirkungspflicht nach § 97 Abs. 2 InsO, auf die sich das Verwendungsverbot des § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO nicht erstreckt.
Normenkette
InsO § 20 S. 2, § 97 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 21. August 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht Wennigsen/Deister hat die Angeklagte am 15.03.2011 wegen verspäteter Insolvenzantragstellung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 240 EUR verurteilt.
Ihre hiergegen gerichtete Berufung hat die 9. kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover durch das angefochtene Urteil vom 21.08.2012 mit der Maßgabe verworfen, dass die Höhe eines Tagessatzes 150 EUR beträgt.
Zur Sache hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagte als Geschäftsführerin der „T. B. o. B. H. GmbH” erst am 29.06.2009 einen Insolvenzantrag bei dem Amtsgericht Hameln stellte, obwohl die Gesellschaft bereits seit Ende März 2009 zahlungsunfähig war. Die Feststellungen des Landgerichts zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft beruhen auf den Angaben des vom Amtsgericht Hameln beauftragten Insolvenzgutachters. Dessen Gutachten lagen Auskünfte des Sanierungsberaters und eines Mitarbeiters und zeitweisen Geschäftsführers der GmbH zugrunde. Außerdem stützte sich das Gutachten auf die von diesem Mitarbeiter übergebenen Geschäftsunterlagen der GmbH.
Gegen das Urteil des Landgerichts wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und mehrere Verfahrensrügen erhebt. Sie trägt u.a. vor, das Landgericht habe im Urteil ohne ihre Zustimmung Auskünfte verwendet, zu deren Erteilung sie und der weitere Geschäftsführer nach § 97 Abs. 1 InsO verpflichtet gewesen seien. Hierin liege eine Verletzung des Beweisverwendungsverbots aus § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Der Schriftsatz der Revisionsführerin vom 12.12.2012 hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Nachprüfung des Urteils deckt auf die zulässig erhobene Sachrüge hin keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
Die erhobenen Verfahrensrügen erweisen sich als unzulässig, denn sie sind nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügend ausgeführt.
Der Erörterung bedarf im Hinblick auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 20.11.2012 lediglich die Rüge der Verletzung des Beweisverwendungsverbotes aus § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO:
Eine zulässige Verfahrensrüge hätte unter Angabe entsprechender Tatsachen den Vortrag vorausgesetzt, eine aufgrund der Verpflichtung aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO erteilte Auskunft sei ohne Zustimmung der Angeklagten verwendet worden (§ 97 Abs. 1 Satz 3 InsO). Es bleibt bereits offen, ob der Zeuge Z. dem Gutachter S. nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften zur Auskunft verpflichtet war, weil er nicht nur die Funktion eines Gutachters wahrgenommen hätte.
Denn der im Eröffnungsverfahren durch das Gericht bestellte Insolvenzgutachter gehört nicht zu den Auskunftsberechtigten im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Vorschrift nennt abschließend das Insolvenzgericht, den Insolvenzverwalter, den Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichts die Gläubigerversammlung als Auskunftsberechtigte. Die Insolvenzordnung räumt dem Insolvenzgutachter auch keine dem vorläufigen Insolvenzverwalter vergleichbaren Rechte ein (vgl. Andres/Leithaus, InsO, 2. Auflage, § 22, Rn. 12). Die Vorschriften der §§ 20 Satz 2, 22 Abs. 3 Satz 3 InsO betreffen Auskunftspflichten gege...