Leitsatz (amtlich)
Es entspricht nicht dem Sinn der Prozesskostenhilfe, durch Berücksichtigung staatlich nicht geförderter Sparleistungen, die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe als Teil der Sozialhilfe zu ermöglichen, damit gleichzeitig Kapitalvermögen für eine Altersversorgung angesammelt werden kann, die über die Grundversorgung durch die Sozialhilfe und die staatlich geförderte Altersversorgung hinausgeht.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a; SGB XII § 82 Abs. 2. Nr. 3
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 03.12.2008; Aktenzeichen 7 O 215/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Bei Ermittlung der nach § 115 Abs. 2 ZPO für die Prozesskostenhilfe zu zahlenden Monatsrate war die von den Klägern geltend gemachte Zahlung von 211,60 EUR monatlich für die Lebensversicherung nicht vom einzusetzenden Einkommen abzuziehen.
Nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII sind "Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen ..., soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten", vom Einkommen abzusetzen.
Danach handelt es sich bei der geltend gemachten Lebensversicherungsprämie nicht um einen abzusetzenden Betrag.
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zum Unterhaltsrecht hat zwar der 12. Zivilsenat des OLG Celle für den Bereich der Prozesskostenhilfe entschieden, dass es dem Hilfebedürftigen nicht zuzumuten ist, eine private Lebensversicherung, die angesichts der Laufzeit und der Ausgestaltung der vertraglichen Leistung als Rente nachweislich der zusätzlichen Altersvorsorge dient, für die Finanzierung von Prozesskosten einzusetzen, wenn die Aufwendungen hierfür unterhalb von 4 % des Gesamt-Bruttoeinkommens bleiben (OLG Celle FamRZ 2007, 913 f.). Denn zum Unterhaltsrecht hat der BGH ausgeführt, dass durch die aus dem Erwerbseinkommen abzuführenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eine angemessene Altersversorgung nicht mehr erreicht werde, sondern der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern sei, wenn neben der primären Vorsorge private Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung erbracht würden, was in die Unterhaltsbemessung einbezogen werden müsse, wobei es grundsätzlich der eigenen Überlegung eines Ehegatten vorbehalten bleibe, ob er sich für die Riester-Rente oder ein nicht zertifiziertes Produkt entscheide, und wobei für
die Höhe der Aufwendungen in Anlehnung an den Höchstförderungssatz der sog. Riester-Rente ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamt-Bruttoeinkommens des Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersversorgung anzusehen sei (BGHZ 163, 84 - 104, Rd. Nr. 38 - 43).
Doch sind diese Erwägungen zum Unterhaltsrecht, welche die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zum Unterhaltsberechtigten betreffen, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zum einen sind im Bereich der Prozesskostenhilfe Lebensversicherungsprämien nicht mehr als angemessene Altersvorsorge anzusehen, wenn die Partei, wie hier, darüber hinaus in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist und daher die Lebensversicherung zur Ansammlung von zusätzlichem Kapital dient (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 115 Rz. 23 m.w.N.), sondern der Abzug der Prämien für eine Kapitallebensversicherung ist allenfalls gerechtfertigt, wenn es sich um Prämien im Rahmen eines staatlich geförderten Sparplans zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung handelt (OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 2290 f., OLG Nürnberg, FamRZ 2008, 2289 f., OLG Brandenburg OLGReport Brandenburg 2008, 915 f.). Zum anderen entspricht es nicht dem Sinn der Prozesskostenhilfe, durch Berücksichtigung staatlich nicht geförderter Sparleistungen die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe als Teil der Sozialhilfe zu ermöglichen, damit gleichzeitig Kapitalvermögen für eine Altersversorgung angesammelt werden kann, die über die Grundversorgung durch die Sozialhilfe und die staatlich geförderte Altersversorgung hinausgeht. Dementsprechend gilt auch im Unterhaltsrecht, dass die Lebensversicherung bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt zu bleiben hat, wenn die Altersversorgung des Unterhaltspflichtigen schon auf andere Weise gesichert ist (BGH NJW 2006, 1794 - 1800, Rz. 19).
Im Übrigen hat der Kläger keine Einwendungen gegen die Ratenberechnung des LG erhoben.
Fundstellen
NJW-RR 2009, 1520 |
OLGR-Nord 2009, 235 |