Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Besteht ein Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten, so kann dieser grundsätzlich verlangen, dass das Bestandsverzeichnis durch einen Notar aufzunehmen ist.

 

Normenkette

BGB § 2314 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 18.03.1997; Aktenzeichen 17 O 97/95)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 8. April 1997 wird der Beschluß der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. März 1997 geändert.

Gegen die Beklagten wird wegen Nichtvornahme der Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses der am 4. April 1992 verstorbenen; …, geb. …, durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses gemäß dem rechtskräftigen Teilurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19. September 1995 ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 DM – und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwanghaft – angeordnet.

Die Kosten dieses Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Wert der Beschwer: 3.000 DM.

 

Gründe

Die gemäß §§ 793 Abs. 1, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.

Das Landgericht hat zu Unrecht den Antrag des Klägers, die Beklagten durch Verhängung eines Zwangsgeldes zur Vornahme der ihnen gemäß dem rechtskräftigen Teilurteil obliegenden Auskunftsverpflichtung anzuhalten, abgelehnt. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts haben die Beklagten „ein durch einen Notar aufgenommenes Verzeichnis” über den Bestand des Nachlasses bisher nicht vorgelegt. Die notarielle Urkunde des Notars …, UR-Nr. 48/96 vom 8. März 1996 (Bl. 63 ff. d.A.) stellt ein solches Bestandsverzeichnis nicht dar, sondern ist – auch ausweislich des Urkundstextes – lediglich die Beurkundung einer vom Beklagten zu 1 abgegebenen Erklärung. Der Senat hat daher bereits Zweifel, ob es sich bei dieser Urkunde um ein Bestandsverzeichnis handelt, bei dessen Aufnahme der Notar mitgewirkt hat. Aber selbst wenn man die Urkunde als unter Mitwirkung des Notars zustande gekommen ansieht, würde dies im vorliegenden Fall nicht ausreichen: Denn das Teilurteil vom 19. September 1995 bestimmt ausdrücklich, daß das Bestandsverzeichnis durch einen Notar aufzunehmen ist; dies entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB.

Bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 2314 Abs. 1 BGB folgt, daß die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, wobei der Inhalt der Auskunft zwar identisch bleibt, nicht aber ihr Zustandekommen. Die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Amtsperson soll eine besondere Gewähr dafür bieten, daß der Schuldner die Angaben wahrheitsgemäß erteilt, weil er von dieser Amtsperson nachhaltig über die Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen Angaben belehrt wird (OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 95, 299 f.). Demgemäß wird dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf amtliche Verzeichnung wegen ihrer größeren Richtigkeitsgarantien besondere Bedeutung beigemessen (so bereits RGZ 72, 379, 384).

Die Aufnahme des Verzeichnisses durch den Notar, § 20 Abs. 1 BNotO, geht somit über die bloße Beurkundungstätigkeit weit hinaus (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 3. Aufl., Rdn. 56 zu § 20; Seybold/Schippel/Reithmann, BNotO, 6. Aufl., Rdn. 27 zu § 20). Denn der Notar ist zwar in der Ausgestaltung des Verfahrens zur Ermittlung der Vermögensmasse und zur Niederlegung des Ergebnisses dieser Ermittlung in einer Urkunde weitgehend frei, er hat aber die vorhandenen Vermögensgegenstände sorgfältig festzustellen und seine Feststellungen in einer von ihm zu unterzeichnenden berichtenden Urkunde, vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeurkG, niederzulegen. Dabei trifft der Notar die Entscheidung, was in das Bestandsverzeichnis aufgenommen wird und was nicht; diese Entscheidung ist nicht etwa – wie hier – dem Inventarisierungspflichtigen vorbehalten, weil hierdurch der Sinn der Aufnahme des Vermögensverzeichnisses durch eine Amtsperson – nämlich die Gewährleistung der objektiven Massefeststellung – unterlaufen würde. Der Notar als aufnehmende Amtsperson ist daher zur Vornahme von Ermittlungen nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet und hat durch Unterzeichnung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen – und nicht nur durch die Beurkundung einer vom Auskunftspflichtigen abgegebenen Erklärung – zum Ausdruck zu bringen, daß er für den Inhalt des Bestandsverzeichnisses verantwortlich ist (BGHZ 33, 373, 377).

Den vorstehenden Anforderungen entspricht die bisher von den Beklagten erteilte Auskunft nicht. Da diese trotz Aufforderung durch den Kläger die ordnungsgemäße Auskunftserteilung ablehnen, ist das beantragte Zwangsgeld zu verhängen, wobei der Senat den festgesetzten Betrag zur Durchsetzung der den Beklagten obliegenden Verpflichtungen für geboten und ausreichend erachtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO (vgl. OLG München, NJW-RR 91, 1086 m.w.N.).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI978268

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