Leitsatz (amtlich)
1. Die Wirtschaftsfähigkeit als Fähigkeit zur Eigenbewirtschaftung muss zur Zeit des Erbfalls schon bestehen. Wird erst nach dem Erbfall damit begonnen, landwirtschaftliche Fachkenntnisse zu erwerben, kommt ein Prüfungsgespräch vor dem Landwirtschaftsgericht nicht in Betracht.
2. War schon im Zeitpunkt des Erbfalls die Hofeseigenschaft außerhalb des Grundbuchs entfallen, ist regelmäßig auch die Landguteigenschaft entfallen, so dass testamentarische Regelungen dann nicht als Übernahmeanordnung nach § 2049 BGB ausgelegt werden können.
Normenkette
HöfeO §§ 1, 6; BGB § 2049
Verfahrensgang
AG Stadthagen (Beschluss vom 04.11.2010; Aktenzeichen 10 Lw 3/08) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des AG - Landwirtschaftsgerichts - Stadthagen vom 4.11.2010 teilweise geändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung B. Nr. 5, S., eingetragen im Grundbuch von H. Blatt ... 2, am 30.12.2007 nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt hat.
Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 3 am 30.12.2007 nicht wirtschaftsfähig i.S.d. § 6 Abs. 7 der Höfeordnung gewesen ist.
Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 1 nach dem Tode des Erblassers F.-W. M. Alleinerbin dessen gesamten Nachlasses (einschließlich des im Grundbuch von H. Blatt ... 2 verzeichneten Grundbesitzes) geworden ist.
II. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgerichts - Stadthagen vom 4.11.2010 wird zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Beteiligte zu 3.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 3. Er hat den Beteiligten zu 1 und 2 die im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird - in Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung - für beide Instanzen auf 130.492 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Hofeseigenschaft der im Grundbuch von H. Blatt ... 2 eingetragenen Besitzung sowie um die (Hof-)Erbfolge nach dem am 30.12.2007 verstorbenen Landwirt F.-W. M. (Erblasser).
Der Erblasser und seine am 2.2.2007 vorverstorbene Ehefrau Wi. M., deren Kinder die Beteiligten zu 1, 2 und 3 sind, waren Eigentümer der im Grundbuch von H. Blatt ... 2 eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung in S., B. Nr. 5, zur Größe von 17,0489 ha. Im Grundbuch ist der Grundbesitz als Ehegattenhof gemäß der Höfeordnung ausgewiesen. Der Einheitswert für die Besitzung ist auf 47.400 DM festgesetzt worden; davon entfallen 38.615 DM auf den Wirtschaftswert. Aufgrund des Hoffolgezeugnisses des AG Stadthagen vom 28.9.2007 ist der Erblasser als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen.
Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau am 15.6.1990 ein notariell beurkundetes Ehegattentestament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu alleinigen Erben ihres Hofes- und hofesfreien Vermögens eingesetzt hatten. Zugleich hatten sie bestimmt, dass der Überlebende aus den Kreis ihrer Abkömmlinge den Erben des Hofes- und hofesfreien Vermögens bestimmen könne; für den Fall, dass das Bestimmungsrecht nicht ausgeübt werde, solle die Beteiligte zu 1 die Erbin des Letztversterbenden sein.
Unter dem 19.2.1995 hatten der Erblasser und seine Ehefrau eine handschriftliche Ergänzung zu ihrem Ehegattentestament vorgenommen und dabei bestimmt, dass der Beteiligte zu 3 den Hof in Erbfolge übernehmen soll. Für den Fall, dass der Beteiligte zu 3 dieses Erbe nicht antritt, soll die Beteilige zu 1 an seine Stelle treten.
Der Beteiligte zu 3 hat die Ansicht vertreten, er sei der Alleinerbe nach seinem Vater. Es liege weiterhin ein Hof vor, und er selbst sei wirtschaftsfähig.
Der Beteiligte zu 3 hat beantragt, festzustellen,
1. dass es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung B. Nr. 5, S., Grundbuch von H. Blatt ... 2, um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt,
2. dass er, der Beteiligte zu 3, wirtschaftsfähig i.S.d. § 6 Abs. 7 der Höfeordnung ist,
3. dass er, der Beteiligte zu 3, nach dem Tode des Hofeigentümers F.-W. M. Hoferbe geworden ist,
4. dass er, der Beteiligte zu 3, Erbe des hoffreien Vermögens ist.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt, festzustellen,
1. dass es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung B. Nr. 5, S., Grundbuch von H. Blatt ... 2, nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt,
2. dass der Beteiligte zu 3 nicht wirtschaftsfähig im Sinne des § 6 Abs. 7 der Höfeordnung ist,
3. dass die Beteiligte zu 1 nach dem Tode des Hofeigentümers F.-W. M. Hoferbin und Erbin des hoffreien Vermögens ist.
Durch Beschluss vom 4.11.2010 hat das Landwirtschafsgericht festgestellt, dass es sich bei der im Grundbuch von H. Blatt ... 2 eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung nicht um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelt, der Beteiligte zu 3 nicht wirtschaftsfähig ist, der Beteiligte zu 3 Erbe des Betri...