Leitsatz (amtlich)
Wird mit einer Stufenklage in der letzten Stufe lediglich ein Pflichtteilsanspruch und nicht zugleich ein rechtlich selbständiger Pflichtteilsergänzungsanspruch verfolgt, umfasst die im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO durchzusetzende Verurteilung zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses nicht ohne weiteres die Verpflichtung des Beklagten, auch über Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall Auskunft zu erteilen.
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 17.05.2005; Aktenzeichen 12 O 178/04) |
Tenor
Die am 7.6.2005 eingegangene sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 6.6.2005 gegen den am 26.5.2005 zugestellten Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Hannover vom 17.5.2005 wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 5.000 EUR.
Gründe
Die gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen erfolg.
Die Schuldnerin hat die titulierte Auskunft über den Nachlass des am 17.4.2003 verstorbenen K.-W. H. durch Vorlage des notariellen Verzeichnisses vom 24.2.2005 und die nachfolgenden ergänzenden Erklärungen in dem Anwaltsschreiben vom 7.4.2005 und im Schriftsatz vom 11.5.2005 erteilt, so dass ein Zwangsmittelbeschluss zur Erzwingung der titulierten unvertretbaren Handlung gem. § 888 ZPO nicht mehr ergehen kann.
Mit Recht hat das LG den Zwangsmittelantrag abgelehnt, soweit er mit der fehlenden Auskunft der Schuldnerin über Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren begründet worden ist. Das dazu in erster Linie selbst berufene LG hat den Tenor des von ihm am 10.11.2004 verkündeten Anerkenntnisteilurteils, aus dem die Vollstreckung betrieben werden soll, rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Verurteilung zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses nicht auch die Verpflichtung umfasst, Auskunft über Schenkungen der letzten zehn Jahre zu erteilen. Der Senat teilt insoweit die auch von dem LG angeführte Auffassung des OLG München (vgl. NJOZ 2003, 2916 [2917]), dass jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen mit der Stufenklage in der letzten Stufe lediglich ein Pflichtteilsanspruch und nicht zugleich ein rechtlich selbständiger Pflichtteilsergänzungsanspruch verfolgt wird, für den allein die Kenntnis der vor dem Erbfall erfolgten Schenkungen entscheidungsrelevant wäre, der auf Auskunft in Anspruch genommene Erbe das schlichte Verlangen, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen, so verstehen darf, dass damit nur Auskunft über den realen Nachlassbestand verlangt wird.
Dem Gläubiger ist zwar zuzugeben, dass § 2314 BGB in gegenständlicher Hinsicht nicht nur einen Anspruch auf Auskunft über tatsächlich vorhandene Nachlassgegenstände gibt, sondern auch über den sog. fiktiven Nachlassbestand, also die ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers und seine Schenkungen (vgl. BGH v. 9.11.1983 - IVa ZR 151/82, MDR 1984, 297 = NJW 1984, 487). Der Umfang des materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs lässt jedoch nicht ohne weiteres den Rückschluss zu, dass die Klage auf Auskunft diesen Anspruch in vollem Umfang zum Gegenstand hat. Der BGH (vgl. BGH v. 29.10.1981 - IX ZR 92/80, MDR 1982, 225 = NJW 1982, 176 [177]) hat vielmehr ausdrücklich die Rechtsprechung des Reichsgerichts (WarnRspr. 1913 Nr. 378) bestätigt, dass der Erbe, von dem nichts weiter als Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangt werde, nicht ohne weiteres in dem umfassendsten Sinne, insb. auch zur Auskunft über die nur rechnungsmäßig zum Nachlassbestande gehörenden Zuwendungen und Schenkungen verpflichtet wäre, sondern vielmehr abwarten dürfe, ob vom Pflichtteilsberechtigten in dieser Hinsicht ein besonderes "Verlangen" an ihn gestellt werde. Verlangt der Erbe jedoch erstmals nach der Titulierung des Auskunftsbegehrens die Erteilung einer Auskunft auch über Schenkungen kann dies nicht zu einer nachträglichen Ausweitung des vollstreckungsfähigen Inhalts des im Rahmen der Pflichtteilsstufenklage - ohne die ausdrückliche Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen zuvor erwirkten vorläufig vollstreckbaren Auskunftstitels führen.
Weder der Anspruchsbegründung vom 19.4.2004 noch den Schriftsätzen des Gläubigers vom 29.4., 28.7., 27.9. und 8.11.2004 ist zu entnehmen, dass der Gläubiger zur Vorbereitung etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche auch die Auskunft über Schenkungen begehrt. Das gleiche gilt für die im Prozess vorgelegten vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben vom 5.5., 23.5., und 13.7.2003. Erst nach Vorlage des notariellen Verzeichnisses vom 24.2.2005 hat der Gläubiger mit Anwaltsschreiben vom 22.3.2005 und im vorliegenden Verfahren sogar erst in seinem Zwangsmittelantrag vom 19.4.2005 unzureichende Auskünfte zu den Schenkungen des Erblassers beanstandet. Diese Rügen können jedoch eine nachträgliche Erweiterung des vollstreckungsfähigen Inhalts des Teilanerkenntn...