Leitsatz (amtlich)

Die Rückfestsetzung einer von dem Schuldner und seiner Rechtsschutzversicherung auf den Kostenfestsetzungsbeschluss erbrachten Doppelzahlung ist nicht im vereinfachten Verfahren nach § 91 Abs. 4 ZPO zulässig, wenn der Gläubiger gegenüber dem Rückforderungsanspruch mit einer bestrittenen Gegenforderung die Aufrechnung erklärt hat.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Beschluss vom 24.07.2015; Aktenzeichen 2 O 32/14)

 

Tenor

Die am 6.8.2015 bei dem LG eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten vom 4.8.2015 gegen den am 30.7.2015 zugestellten Beschluss der Rechtspflegerin der 2. Zivilkammer des LG Verden vom 24.7.2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 6.636,95 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten, die sich gegen die Zurückweisung seines Antrages vom 23.6.2015 auf Rückfestsetzung richtet, ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel des Beklagten jedoch keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat die Rechtspflegerin die Rückfestsetzung der von dem Beklagten auf die gegen ihn festgesetzten Kosten geleisteten Doppelzahlung von 6.636,95 EUR nebst Zinsen abgelehnt.

Dabei kann dahinstehen, ob die Rückfestsetzung überzahlter Kosten im vereinfachten Verfahren nach § 91 Abs. 4 ZPO nur in dem hier nicht vorliegenden Fall einer Änderung oder des Wegfalls der Kostengrundentscheidung (vgl. BGH NJW-RR 2013, 186) möglich ist oder auch dann, wenn der Rückzahlungsbetrag sonstwie feststeht (vgl. zur richterrechtlichen Rechtslage noch vor In-Kraft-Treten des § 91 Abs. 4 ZPO am 1.9.2004: OLG Düsseldorf JurBüro 1998, 309; OLG Koblenz JurBüro 2003, 199; OLG Zweibrücken JurBüro 2004, 657; a.A.: KG Rpfleger 1980, 438; OLG Köln Rpfleger 1987, 474; OLG München MDR 1993, 1130). Immerhin wollte der Gesetzgeber bei der Einführung des § 91 Abs. 4 ZPO nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1508, 16) lediglich die herrschende Praxis, die eine Rückfestsetzung von im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzten Kosten unter bestimmten Voraussetzungen zuließ, gesetzlich absichern (vgl. BT-Drucks. 15/1508, 16 f.). Es gebe keinen sachlichen Grund, weshalb der Gläubiger seinen Kostenerstattungsanspruch auf Grund eines vorläufigen Titels im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen könne, der zahlungsbereite Schuldner nach Aufhebung oder Änderung der Kostengrundentscheidung hingegen nicht. In beiden Fällen handele es sich um prozessuale Ansprüche, die materiell-rechtliche Entsprechungen hätten. Beide würden für sich genommen keine Schwierigkeiten aufwerfen, die eine Prüfung durch den Richter erforderlich machten (BT-Drucks. 15/1508, 16). Mit der Bestimmung des § 91 Abs. 4 ZPO sollte die von der herrschenden Praxis bereits bewirkte Waffengleichheit der Parteien abgesichert werden. Die Partei, die auf der Grundlage einer vorläufigen Kostengrundentscheidung die Festsetzung ihrer Kosten im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren erreicht hatte, soll nach Änderung der Kostengrundentscheidung hinnehmen müssen, dass der Titel zu gleichen Bedingungen wieder rückgängig gemacht wird.

Selbst wenn der Ansicht des Beklagten zu folgen wäre, dass auch in dem hier vorliegenden Fall der Rückforderung einer Doppelzahlung auf den festgesetzten Betrag eine Rückfestsetzung nach § 91 Abs. 4 ZPO grundsätzlich möglich sein soll, setzt die Anwendung des vereinfachten Verfahrens voraus, dass der Anspruch auf Rückzahlung nach Grund und Höhe unstreitig ist, weil das Kostenfestsetzungsverfahren nicht das geeignete Verfahren ist, Feststellungen zu diesen Fragen zu treffen.

Da die Klägerin vorliegend jedoch die Aufrechnung mit außerprozessualen Ansprüchen in einer den doppelt gezahlten Betrag übersteigenden Höhe geltend macht, kommt eine Rückfestsetzung nicht in Betracht, weil der Rückforderungsanspruch nicht unstreitig ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung bestreitet.

Zwar wird die Frage, ob der Aufrechnungseinwand die Rückfestsetzung ausschließt, unterschiedlich beantwortet; so gibt es Stimmen, die eine Rückfestsetzung gleichwohl zulassen (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1990, 1483; zustimmend Stein-Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 104 Rz. 62; OLG Bamberg JurBüro 2012, 198, 199). Dabei erfolgte der Rückfestsetzungsantrag indes jeweils der Aufhebung bzw. Abänderung der Kostengrundentscheidung, die der ursprünglichen Kostenfestsetzung und der darauf geleisteten Zahlung zugrunde lag. Für den hier vorliegenden Fall einer doppelten Zahlung auf einen unverändert bestehenden Kostenfestsetzungsbeschluss folgt der Senat indes der Gegenauffassung des OLG Oldenburg (vgl. MDR 2005, 418) und des KG (vgl. KG, Beschluss vom 14.3.2011 - 19 WF 34/11 - juris; ebenso: Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2860). Zu Rech...

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