Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung im Strafverfahren: Besetzung des Beschwerdegerichts
Leitsatz (amtlich)
1. Im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern über eine sofortige Beschwerde gegen einen vom Rechtspfleger des Landgerichts erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
2. Die Vorschrift des § 568 Satz 1 ZPO findet im strafprozessualen Beschwerdeverfahren über § 464b Satz 3 StPO keine entsprechende Anwendung.
Normenkette
StPO § 311 Abs. 2 S. 1, § 464b S. 3; GVG § 76 Abs. 1, § 122 Abs. 1; ZPO § 104 Abs. 3 S. 1, § 568 S. 1; RPflG § 11 Abs. 1, 21 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Entscheidung vom 29.07.2015; Aktenzeichen 166 StVK 30/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Lüneburg vom 29. Juli 2015 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gegen diese Entscheidung ist keine weitere Beschwerde statthaft (§ 310 Abs. 2 StPO).
Gründe
I.
Der Verurteilte R. ist vom Amtsgericht Tostedt durch rechtskräftige Entscheidung vom 04. September 2013 wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges in 6 Fällen und versuchten gewerbsmäßigen Betruges in 4 Fällen, wobei er in 5 Fällen als Mitglied einer Bande handelte und die Taten in 8 Fällen in Tateneinheit mit Urkundenfälschung begangen hat, davon in 5 Fällen bandenmäßig handelnd zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden. Diese Strafe verbüßte er in der Justizvollzugsanstalt U. Zwei Drittel der Gesamtfreiheitsstrafe waren am 01. Juni 2015 vollstreckt.
Mit Beschluss vom 22. Mai 2015 hatte es die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg nach Anhörung des Verurteilten abgelehnt, die Vollstreckung der restlichen Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tostedt zur Bewährung auszusetzen und den Verurteilten bedingt aus der Strafhaft zu entlassen.
Auf die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des nunmehr anwaltlich vertretenen Verurteilten vom 02. Juni 2015 hob der Senat mit Beschluss vom 19. Juni 2015 den angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer auf, setzte die Restfreiheitsstrafe zur Bewährung aus und erlegte die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers der Landeskasse auf. Der Verurteilte wurde sofort aus der Haft entlassen.
Der Beschwerdeführer hat mit Antrag vom 19. Juni 2015 beim Landgericht Lüneburg folgende Gebühren und Auslagen zur Festsetzung angemeldet:
Verfahrensgebühr Nr. 4201, 4200 Nr. 2 VV-RVG |
837,50 Euro |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme netto |
857,50 Euro |
19 % Umsatzsteuer |
162,93 Euro |
Gesamtbetrag |
1.020,43 Euro. |
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29. Juli 2015 hat die zuständige Rechtspflegerin des Landgerichts Lüneburg die von der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 534,01 Euro festgesetzt. Zur Begründung führt sie aus, dass die von dem Verteidiger geltend gemachte Höchstgebühr nicht gerechtfertigt und unbillig sei. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers könne die Bedeutung der Angelegenheit nicht als überdurchschnittlich angesehen werden. Auch hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit könne nur von einer durchschnittlichen Angelegenheit ausgegangen werden. Es sei daher der Ansatz der Mittelgebühr nach Nr. 4201 i. V. m. 4200 VV RVG in Höhe von 448,75 Euro angemessen. Die geltend gemachte Auslagenpauschale wurde anerkannt.
Gegen die vorgenommene Absetzung der Gebühren wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner sofortigen Beschwerde. Bereits die Bedeutung der Angelegenheit für den Verurteilten rechtfertige die in Ansatz gebrachte Höchstgebühr. Dieser habe unter der Haft überdurchschnittlich gelitten. Die Ausarbeitung (der sofortigen Beschwerde) sei zeitlich extrem umfangreich gewesen, da das Verhalten des Verurteilten während der Haft und die Vorverurteilungen zu berücksichtigen gewesen seien. Auch sei die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer derart fehlerhaft gewesen, dass sich dies gebührenerhöhend auswirken müsse.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Lüneburg vom 29. Juli 2015 ist gemäß §§ 464b Satz 3, 311 StPO, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.
Über die sofortige Beschwerde hat der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden. Eine Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters gemäß § 464b Satz 3 StPO i. V. m. § 568 Satz 1 ZPO ist nicht gegeben (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 03.09.2013, 2 Ws 462/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.02.2012, 3 Ws 41/12; OLG Hamm, Beschl. v. 03.12.2009, 2 Ws 270/09; Meyer-Goßner/Schmitt, 58. Aufl., § 464b Rn. 7; KK-Gieg, 7. Aufl., § 464b, Rn. 4b; abweichend OLG Celle, Beschluss v. 0...