Leitsatz (amtlich)

1. Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Arrest oder auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

2. Eine erst zehn Wochen nach der Kenntnisnahme des in einer Tageszeitung erschienenen Artikels zugeleitete Gegendarstellung ist regelmäßig nicht mehr als unverzüglich i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 5 des Niedersächsischen Pressegesetzes anzusehen.

3. Eine allgemeine Bevollmächtigung des Gerichts, die Gegendarstellung in der Form anzupassen, dass der gestellte Gegendarstellungsanspruch begründet ist, stellt eine unzulässige Einschränkung des "AllesOderNichtsPrinzips" dar.

 

Normenkette

ZPO § 78 Abs. 5, § 569 Abs. 3 Nr. 1; LPG § 11 Abs. 2 S. 5

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin als Verlegerin der Landeszeitung L. die Veröffentlichung einer Gegendarstellung.

Die L. Zeitung berichtete u.a. am 17.9.2008 und am 19.11.2008 über den Antragsteller im Zusammenhang mit dem Projekt einer "Quartiersinitiative" für das N. in L. Das an "T. von S., A. B. und J. W., Landeszeitung, Am S., L." adressierte Gegendarstellungsbegehren des Antragstellers vom 26.11.2008, wegen dessen Inhalt auf die Anlage zur Antragsschrift Bezug genommen wird, lehnte die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28.11.2008 ab.

Mit Beschluss vom 4.12.2008 wies das LG Lüneburg den Antrag des Antragstellers zurück, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung zur Veröffentlichung seiner Gegendarstellung in der nächstmöglichen Auflage an gleicher Stelle und in gleicher Aufmachung wie ihre eigene Behauptung zu veröffentlichen. (...) II. Das als sofortige Beschwerde gemäß den §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO auszulegende Rechtmittel des Antragstellers vom 8.12.2008 ist zulässig, aber unbegründet.

1. Zu Recht hat das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 23.12.2008 die schriftlich gefertigte sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 8.12.2008 als zulässig, insbesondere auch als formgerecht nach § 569 ZPO erachtet.

Ob die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das LG dem Anwaltszwang unterliegt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Auffassung bedeutet die für den Arrest oder Verfügungsantrag geltende Befreiung vom Anwaltszwang gem. §§ 936, 920 Abs. 3 ZPO nicht, dass das vor einem LG anhängige Verfahren über den Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung nicht grundsätzlich als Anwaltsprozess anzusehen ist, weshalb die sofortige Beschwerde nur durch einen auch am Beschwerdegericht postulationsfähigen Rechtsanwalt zulässig eingelegt werden kann (OLG Hamm, st. Rspr: NJW-RR 1997, 763 und OLGR 2008, 257 f., OLG Düsseldorf OLGZ 1983, 358. OLG Frankfurt, st. Rspr.: MDR 1983, 233 und 1999, 186 sowie OLGR 2004, 221. OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1611, 1612). Dem gegenüber schließt sich der erkennende Senat der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur an, wonach die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Arrest oder Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 78 Abs. 5 ZPO nicht dem Anwaltszwang unterliegt (OLG Celle Nds. Rpfl. 1996, 124. KG GRUR 1991, 944, 945. OLG Köln NJW-RR 1988, 254, 255. OLG Karlsruhe GRUR 1993, 697 und OLGR 1998, 130. OLG München BauR 1995, 875. OLGReport Hamm (21. ZS) 1996, 44. Drescher in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 922 Rz. 15. Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 922 Rz. 10. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 922 Rz. 7. Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 922 Rz. 8. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 922 Rz. 13. Wieczorek/Schütze/Thümmel, ZPO, 3. Aufl., § 920 Rz. 10. Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 4. Aufl., § 922 Rz. 31. Ahrens, 5. Aufl. Wettbewerbsprozess Kap 51 Rz. 60. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche 9. Aufl. Kap. 54 Rz. 13). Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit eines Antrags auf Arrest oder auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist dessen Einlegung gem. § 920 Abs. 3 ZPO ohne Rechtsanwalt zulässig. Ist aber die Einleitung eines Arrest oder einstweiligen Verfügungsverfahrens sowie bei deren Erlass ohne Widerspruch die Durchführung des gesamten Verfahren ohne anwaltliche Vertretung möglich, sprechen Sinn und Zweck dieser Regelung dafür, diese Möglichkeit auch im Beschwerdeverfahren beizubehalten, sofern es nicht zu einer mündlichen Verhandlung kommt (OLG Celle, a.a.O.). Für dieses Ergebnis streitet auch die Regelung in § 571 Abs. 4 ZPO, wonach im Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung vom Gericht angeforderte Erklärungen auch ohne anwaltliche Beteiligung zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden können, wenn die Beschwerde als solche zu Protokoll eingelegt werden darf.

Da das bisherige von dem Antragsteller betriebene einstweilige Verfügungsverfahren eine anwaltliche Vertretung nicht von Gesetzes wegen erforderte (§ 78 Abs. 5 ZPO), gilt dies auch für das Beschwerdeverfahren. Die Einlegung der sofor...

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