Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormundschaft über Minderjährige: Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins anstatt des Jugendamts als Pfleger
Leitsatz (amtlich)
Eine vorrangige Bestellung des Jugendamts als Pfleger sehen die gesetzlichen Vorschriften nicht vor. Vielmehr ist das Jugendamt auf Antrag oder von Amts wegen zu entlassen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient und eine andere als Pfleger geeignete Person vorhanden ist; dies kann auch ein rechtsfähiger Verein sein, wenn eine als ehrenamtlicher Pfleger geeignete Einzelperson nicht zur Verfügung steht. Dabei ist auf fiskalische Interessen nicht abzustellen.
Normenkette
BGB § 1791a Abs. 1, §§ 1887, 915 Abs. 1 S. 1; SGB VIII § 56 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Hildesheim (Beschluss vom 01.03.2010) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Das mit Beschluss des AG - Familiengericht - Hildesheim vom 1.3.2010 bestellte Jugendamt des Landkreises H. wird auf seinen Antrag als Pfleger entlassen. Zum Pfleger mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung wird nunmehr der Betreuungsverein H. e.V., H. bestellt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Die nach §§ 58, 59 FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1887 BGB ist das Jugendamt von Amts wegen oder auf Antrag als Pfleger zu entlassen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient und eine andere als Pfleger geeignete Person vorhanden ist. Dies kann nach §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1791a Abs. 1 BGB ein rechtsfähiger Verein sein, wenn eine als ehrenamtlicher Pfleger geeignete Einzelperson nicht vorhanden ist. In der Beschwerdeschrift ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen hinreichend dargelegt. Eine vorrangige Bestellung des Jugendamts als Pfleger sehen die gesetzlichen Vorschriften nicht vor, wie sich auch aus § 56 Abs. 4 SGB VIII ergibt - wonach das Jugendamt turnusmäßig zu prüfen hat, ob seine Entlassung und die Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins im Interesse des Kindes angezeigt ist. Die nach §§ 1908f. BGB, 54 SGB VIII erforderliche Anerkennung des Betreuungsvereins H. liegt nach dem Erlaubnisbescheid vom 11.1.2010 vor. Durchgreifend gegen die Bestellung dieses Vereins sprechende Gründe sind weder im angefochtenen Beschluss angeführt noch sonst ersichtlich. Auf fiskalische Interessen ist, wie mit der Beschwerde zutreffend ausgeführt, hier nicht abzustellen.
Die Kostenfreiheit ergibt sich aus dem Erfolg des Rechtsmittels und aus § 2 Abs. 1 FamGKG.
Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2612931 |
JAmt 2010, 257 |