Verfahrensgang
AG Hameln (Aktenzeichen 12 Lw 32/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Hameln vom 13. Januar 2022 (Az. 12 Lw 32/21) dahingehend abgeändert, dass der Geschäftswert festgesetzt wird auf 1.290.496 EUR (vierfacher Einheitswert).
Auf die Erinnerung betreffend die Gerichtskostenrechnung vom 14. April 2022 wird das Verfahren zur Neuentscheidung an das Amtsgericht Hameln zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
1. Die sich gegen die Festsetzung des Geschäftswerts durch den angefochtenen Beschluss des Landwirtschaftsgerichts auf 7.878.000 EUR richtende Beschwerde vom 24. Mai 2022 ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, §§ 83 Abs. 1 Satz 3, 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG.
2. Die Beschwerde erweist sich auch als begründet, weswegen der angefochtene Beschluss des Landwirtschaftsgerichts in Bezug auf die Festsetzung des Geschäftswerts - wie aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlich - abzuändern war. Denn der Geschäftswert für das Verfahren betreffend die Genehmigung der Hofübergabe, um das es in der Hauptsache ging, ist gem. § 48 Abs. 1 GNotKG auf den vierfachen Einheitswert und nicht auf den - deutlich höheren - Verkehrswert festzusetzen, wie das Landwirtschaftsgericht meint.
Im Einzelnen:
a) Nach § 79 Abs. 1 GKG ist der für den Kostenansatz maßgebliche Wert des jeweiligen Verfahrensgegenstandes von Amts wegen festzusetzen. Ausgangspunkt ist dabei nach § 46 Abs. 1 GNotKG grundsätzlich der Verkehrswert einer Sache.
Allerdings sieht das Gesetz nach § 48 Abs. 1 GNotKG eine Kostenprivilegierung vor, wenn das jeweilige Verfahren oder Geschäft "im Zusammenhang mit einer Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen einschließlich der Abfindung weichender Erben" erfolgt; in diesem Fall beträgt der festzusetzende und dem Kostenansatz zugrunde zu legende Wert des land- oder forstwirtschaftlichen Vermögens höchstens das Vierfache des letzten Einheitswerts.
b) Ein solcher Fall ist auch hier gegeben.
Mit Urkunde Nr. K 109/21 des Notars K. in W., ergänzt durch Urkunde Nr. K 312/21 desselben Notars, hat der Vater der Antragstellerin und Beteiligte zu 2. seinen im Grundbuch des Amtsgerichts Hameln von H. Bl. 230 eingetragenen Hof i.S.d. Höfeordnung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit Wirkung zum 1. Juli 2021 auf die Antragstellerin übertragen (§ 1 des Hofübergabevertrags); zugleich haben die Vertragsparteien eine Abfindung der weichenden Erben - der Ehefrau des Übergebers und der Schwestern der Antragstellerin - vereinbart (§ 6 des Hofübergabevertrags).
Dabei steht entgegen der Auffassung des Landwirtschaftsgerichts der Anwendung des Kostenprivilegs des § 48 GNotKG im Streitfall auch nicht entgegen, dass dieses nur dann greift, wenn
- die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist und
- der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet.
Denn auch im Fall der hier vereinbarten sog. gleitenden Übergabe, wie sie infolge des zugunsten des Beteiligten zu 2 bis zum 1. Juli 2026 eingeräumten Nießbrauchsrechts vorliegt, besteht eine Fortführungsabsicht der Antragstellerin als Erwerberin - zeitlich lediglich hinausgeschoben auf den Zeitpunkt des Endes des Nießbrauchsrechts.
Diese zeitliche Verschiebung der Fortführungsabsicht in die Zukunft ist für die Anwendbarkeit von § 48 GNotKG allerdings unschädlich, da es nicht auf die Unmittelbarkeit der Fortführungsabsicht des Erwerbers ankommt (so aber offensichtlich Diehn, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 48, Rn. 14), sondern nach ganz überwiegender Auffassung lediglich darauf, dass der Erwerber dem bisherigen Eigentümer bzw. Nießbraucher unmittelbar als Bewirtschafter nachfolgt (OLG Nürnberg, Beschluss v. 1. Februar 2017 - 8 W 2148/16, NJOZ 2018, 1187, Rn. 36; Soutier, in: BeckOK Kostenrecht, 37. Edition, § 48 GNotKG, Rn. 22; Tiedtke, in: Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl., § 48, Rn. 9; Storch, in: Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB, 5. Aufl., Anhang 1, Rn. 284) und der übernommene Betrieb dann maßgeblicher Teil seiner Existenzgrundlage ist.
Aus diesem Grund würde die Kostenprivilegierung des § 48 GNotKG selbst dann greifen, wenn der Zeitpunkt der Übernahme des Betriebs durch die Antragstellerin - wie jedoch nicht - noch ungewiss wäre, soweit nur die Fortführung an sich schon feststünde (Soutier, in: BeckOK Kostenrecht, a.a.O., Rn. 22). Denn für die Erfüllung des Erfordernisses der "Unmittelbarkeit" in § 48 Abs. 1 GNotKG kommt es - anders als das Landwirtschaftsgericht offensichtlich meint - nicht auf das zeitliche Moment an, sondern stattdessen lediglich darauf, dass die Fortführung des Betriebs ohne zwis...