Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert für die Klage eines Versorgers auf Gewährung des Zutritts und Duldung der Sperrung des Stromzählers bemisst sich regelmäßig nach dem Sechsfachen der monatlichen Abschlagszahlungen.

 

Normenkette

GKG § 48; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 16.11.2009; Aktenzeichen 8 T 72/09)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22.12.2009 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Hannover vom 16.11.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat als Grundversorger die Beklagte mit Strom beliefert. Die Beklagte hat die Stromrechnungen nicht bezahlt. Daraufhin hat die Klägerin die Beklagte im August 2009 dahin verklagt, ihr den Zutritt zu ihren Räumen zu gewähren und die Sperrung des Stromanschlusses zu dulden. Am 3.9.2009 hat das AG Hannover ein entsprechendes Versäumnisurteil erlassen, das rechtskräftig geworden ist.

Den Streitwert hat das AG auf das Sechsfache des monatlichen Abschlags von 266 EUR, also auf 1.596 EUR festgelegt. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint, dass für den Streitwert ein Jahresbetrag zugrunde zu legen sei, und hat dementsprechend im eigenen Namen Streitwertbeschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Streitwert auf 3.192 EUR festzusetzen. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Mit dieser wendet sich die Prozessbevollmächtigte auch gegen den Beschluss des LG.

II. Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Streitwert zu Recht mit 1.596 EUR bemessen.

Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen festzusetzen, wobei es darauf ankommt, wie das Interesse der Klägerin an der mit ihrer Klage begehrten Entscheidung zu bewerten ist. In der Rechtsprechung besteht inzwischen weitgehend Einigkeit, dass das Hauptinteresse des Stromversorgers darauf gerichtet ist, den Kunden nicht weiter mit Strom zu beliefern. Dieses Interesse bemisst sich einerseits nach der Höhe der geschuldeten monatlichen Abschlagszahlungen, andererseits nach dem Zeitraum, den ein Stromversorger üblicherweise benötigt, um einen entsprechenden Vollstreckungstitel zu erlangen (OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 - 5 W 54/09, zit. nach Juris, Rz. 7, m.w.N.).

Die Rechtsprechung schätzt unterschiedlich ein, wie lange derartige Gerichtsverfahren dauern. Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung u.a. auf das OLG Köln berufen, wonach ein Jahr ein realistischer Zeitraum sei, um durch Erlangung eines Vollstreckungstitels die Unterbindung der Energiezufuhr zu erreichen (OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 - 5 W 161/05, zit. nach Juris, Rz. 2). Auch der bislang meist zuständige 4. Senat des OLG Celle hat einen Jahresbetrag zugrunde gelegt (zuletzt OLG Celle, Beschl. v. 26.5.2009 - 4 W 77/09).

Demgegenüber hält der Senat, der nunmehr für Ansprüche aus Energielieferungen zuständig ist, in der Regel einen Zeitraum von 6 Monaten für zutreffend. Er teilt die Einschätzung, dass sich regelmäßig innerhalb dieser Zeit ein erstinstanzlicher Titel erwirken lässt. Schon generell dauern im Durchschnitt amtsgerichtliche Zivilverfahren, die mit Urteil abgeschlossen werden, nicht länger. Klagen der vorliegenden Art werden erfahrungsgemäß häufig durch Versäumnisurteil und damit noch kurzfristiger entschieden (OLG Oldenburg, a.a.O., Rz. 10).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2307036

NZM 2010, 639

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