Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrigkeit einer Diensthandlung bei falscher Belehrung
Leitsatz (amtlich)
Eine Diensthandlung ist rechtswidrig im Sinne von § 113 Abs. 3 Satz 1 StGB, wenn Polizeibeamte einen Betroffenen falsch belehrt haben (konkret: Belehrung über eine allgemeine Verkehrskontrolle nach § 35 Abs. 5 StVO bei Vorliegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt).
Normenkette
StGB § 113; StVO § 36 Abs. 5; StPO §§ 163b, 163a
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Schuldspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt wurde, sowie im Rechtsfolgenausspruch über die Geldstrafe.
Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg zu erneuter Entscheidung auch über die Kosten der Revision zurückverwiesen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Stadthagen hatte den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 30,- Euro sowie wegen vorsätzlichen Nichtbefolgens eines polizeilichen Anhaltegebots zu einer Geldbuße von 60,- Euro verurteilt. Soweit dem Angeklagten zugleich ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und eine vorsätzliche Körperverletzung [eines Polizeibeamten] zur Last gelegt worden war, ist das Amtsgericht wegen der Annahme eines nicht rechtmäßigen Vorgehens der Polizeibeamten vom Vorliegen einer Notwehrlage ausgegangen, weshalb insoweit kein Schuldspruch erfolgte.
Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Bückeburg das amtsgerichtliche Urteil teilweise aufgehoben und den Angeklagten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,- Euro sowie wegen der bezeichneten Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 60,- Euro verurteilt.
1. Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen die folgenden Feststellungen getroffen:
Am 24. März 2011 befuhr der Angeklagte in L. mit seinem PKW die Straße A. d. H. Ebenfalls dort fuhren die Polizeibeamten POK K. und POK B., deren Auffassung zufolge der Angeklagte ein auffällig rotes Gesicht hatte, weshalb sie den Verdacht hegten, der Angeklagte führe alkoholisiert. Daraufhin wendeten sie ihr Dienstfahrzeug, um ihre Annahme im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle zu überprüfen. Sie stellten auf dem Topp ihres Fahrzeugs den Blinksignalgeber mit "Stopp, Polizei" an, der mit grellen LED aufblitzte, und fuhren dem Angeklagten hinterher. Der Angeklagte indessen, der das Signal bemerkt hatte, hielt nicht an, sondern fuhr auch dann noch auffallend zügig weiter, nachdem die Beamten das Blaulicht eingeschaltet hatten, mit welchem das Fernlicht im Wechsel an- und ausging. Der Angeklagte wollte aufgrund einer negativen Einstellung der Polizei gegenüber gleichwohl nicht anhalten und fuhr zügig weiter, um noch vor den Polizeibeamten sein Grundstück zu erreichen, weil er davon ausging, dass diese es ohne seine Erlaubnis nicht betreten dürften.
Nachdem er sein Grundstück erreicht, auf diesem sein Fahrzeug abgestellt und dort sein Fahrzeug verlassen hatte, stellte sich POK K. dem Angeklagten in den Weg und eröffnete ihm, eine allgemeine Verkehrskontrolle durchführen zu wollen, verbunden mit der Aufforderung, sich auszuweisen und Fahrzeugpapiere und Führerschein vorzuweisen. Der Angeklagte schrie ihn an, er solle verschwinden, da dies sein Grundstück sei. Darauf forderte der Beamte den Angeklagten erneut auf, ihm die Fahrzeugpapiere auszuhändigen, was den Angeklagten dazu veranlasste, den Beamten wieder anzuschreien. POK K. versuchte, dem Angeklagten zu erklären, dass er jederzeit das Recht habe, eine Fahrzeugkontrolle nach § 36 Abs. 5 StVO durchzuführen und die Verkehrstauglichkeit des Fahrers zu überprüfen. Er wollte dem Angeklagten erklären, dass dieser das Anhaltesignal missachtet habe, als der Angeklagte ihn etwa einen halben Meter nach hinten gegen die Garagenwand schubste, um an dem Beamten vorbei in sein Haus zu flüchten. POK B. folgte dem Angeklagten, konnte ihn erneut stellen und versuchte, diesen wieder zu belehren. Daraufhin schrie dieser die Beamten an, sie würden spinnen und nicht ganz richtig ticken; sie sollten sofort sein Grundstück verlassen, sie würden einen Hausfriedensbruch begehen.
Die Beamten sagten dem Angeklagten nun, dass sie einfache körperliche Gewalt anwenden würden, sollte dieser ihren Anordnungen nicht nachkommen. Der Angeklagte schrie und schimpfte darauf einfach weiter, so dass die Beamten nicht zu Wort kamen, den Angeklagten vernünftig zu belehren. Als sich der Angeklagte immer noch weigerte, drückten die Beamten ihn gegen die Beifahrerseite seines Fahrzeugs. Bei dem Versuch, dem Angeklagten aus einer Brusttasche dessen Geldbeutel und hiermit seine Papiere zu entnehmen, wehrte sich der Angeklagte, so dass POK K. ihn zu Boden brachte und auf ihm sitzend dessen Hände fixierte und schl...