Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Insolvenzverwalter. Zumutbarkeit eines eigenen Kostenvorschusses. Mutwilligkeit der Erhebung einer Teilklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem Insolvenzverwalter ist die Aufbringung eines eigenen Kostenvorschusses selbst dann nicht zuzumuten, wenn eine eingeklagte Summe vornehmlich der Befriedigung seiner eigenen Vergütungsansprüche dienen soll.
2. Bei Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Erhebung einer Teilklage ist darzulegen, dass das Teilurteil den Gegner zur gesamten Tilgung der Schuld veranlassen wird. Anderenfalls ist die Rechtsverfolgung mutwillig.
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 08.08.2006; Aktenzeichen 4 O 329/06) |
Gründe
Die Beschwerde erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
Zwar nimmt die Kammer in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht an, dass die Gläubiger des Insolvenzverfahrens auch dann zu den Verfahrenskosten beizutragen hätten, wenn ein Prozesserfolg nicht zu einer Verbesserung der nach Abschluss des Insolvenzverfahrens zu verteilenden Quote führen kann (vgl. dagegen Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., Rdnr. 7 zu § 116 m. w. N.). Den Gläubigern zumutbar sind Kostenvorschüsse - auch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, etwa Beschluss vom 2. Juni 2005, 9 W 30/05, - vielmehr nur dann, "wenn sich die zu erwartende Quote durch den Prozesserfolg deutlich verbessert und der auf die einzelnen Gläubiger entfallende Deckungsbeitrag die von ihnen eingesetzten Kosten erheblich übersteigt (Uhlenbruck, InsO., 12. Aufl., Rdnr. 81 zu § 80; Steenbuck, MDR 2004, 1155, der Zumutbarkeit annimmt, wenn der den Gläubigern zufließende Mehrbetrag das Doppelte der Prozesskosten übersteigt)".
Ebenso vermag der Senat die Auffassung der Kammer in dem Nichtabhilfebeschluss vom 17. August 2006, dem Insolvenzverwalter selbst sei eine Beteiligung an den Kosten zuzumuten, nicht zu teilen. Selbst wenn die eingeklagte Summe - wie hier - vornehmlich zur Befriedigung der eigenen Vergütungsansprüche des Verwalters dienen soll, ist diesem eine Kostenbeteiligung nicht zuzumuten (BGH, NJW-RR 2004, 136; Zöller/Philippi, aaO., Rdnr. 10 a m. w. N.; Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005, 9 W 65/05). Die gegenteilige Auffassung widerspricht Art. 12 Abs. 1 GG, weil der Verwalter nicht in eigenem, sondern im öffentlichen Interesse handelt und seinem Amt verpflichtet ist.
Zutreffend ist die Kammer jedoch davon ausgegangen, dass in dem prozessualen Vorgehen des Antragstellers eine unzulässige Umgehung des § 116 Abs. 1 S. 1 ZPO zu sehen ist, weil er aus einer Gesamtforderung von 100.000 EUR zunächst nur einen Teil von 8.000 EUR (das entspricht genau den Verfahrenskosten einschließlich Verwaltervergütung) - auf Staatskosten - einzuklagen beabsichtigt. Das hätte zur Folge, dass die öffentliche Hand (trotz bekanntlich stark beanspruchter Haushalte) den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten einen Großteil ihres eigenen Risikos abnehmen würde, weil letztgenannte den Ausgang des vorliegenden Verfahrens - auch wenn eine Rechtskraftwirkung betreffend den verbleibenden Teil der Forderung nicht eintreten kann - gleichsam als "Testlauf" für eine spätere weitere Klage (von deren Erfolg sie selber profitieren würden) nutzen könnten.
Im Übrigen stellt sich eine (wegen der degressiv gestaffelten Gebührenordnungen kostspielige) Aufteilung des Verfahrens in mehrere Teilklagen als mutwillig dar, wenn nicht (wozu der Antragsteller nichts vorgetragen hat) zu erwarten ist, dass das Urteil die Antragsgegner veranlassen wird, ihre gesamte Schuld zu tilgen (Zöller/Philippi, aaO., Rdnr. 34 zu § 114). Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 574 ZPO. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da außergerichtliche Auslagen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu erstatten sind und sich die Verpflichtung zur Zahlung der für die Beschwerdeentscheidung anfallenden Festgebühr unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (Nr. 1811 KV zum GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 2571523 |
ZInsO 2007, 331 |