Leitsatz (amtlich)
1. Wird einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren in vollem Umfang durch den Rechtspfleger abgeholfen, hat dieser auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Maßgabe der §§ 91 und 92 ZPO zu entscheiden.
2. § 93 ZPO findet keine entsprechende Anwendung zugunsten des Erstattungsberechtigten, wenn dieser die im Beschwerdeverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss erhobenen Einwendungen des Erstattungspflichtigen für berechtigt erachtet.
Normenkette
ZPO §§ 91, 93, 104
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 23.09.2008; Aktenzeichen 11 O 380/04) |
Tenor
Die am 14.10.2008 beim LG Hannover eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom selben Tage gegen den Beschluss der Rechtspflegerin der 11. Zivilkammer des LG Hannover vom 23.9.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig.
Zwar bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des am 14.10.2008 unterschriebenen Empfangsbekenntnisses. Denn der Beschluss des LG ist bereits am 23.9.2008 zum Zwecke der Zustellung abverfügt worden und dem Beklagtenvertreter aus H. am 1.10.2008 und dem Streitverkündetenvertreter mit Sitz in W. am 8.8.2008 zugegangen. Es ist daher schlechterdings nicht nachvollziehbar, warum dieser Beschluss dem ebenfalls in H. ansässigen Antragsteller erst am 14.8.2008 erreicht haben soll. Insoweit ist auch auffallend, dass das Empfangsbekenntnis zwei unterschiedliche Unterschriften trägt, nämlich einerseits die Unterschrift des Antragstellers persönlich und zum anderen die des ihn vertretenen Rechtsanwalts L., der in derselben Kanzlei tätig ist, wobei das Datum des Empfangsbekenntnisses - ausweislich der Handschrift i.V.m. der verwendeten Kugelschreiberfarbe - vom Antragsteller persönlich stammt. Mangels weiterer sicherer Anhaltspunkte geht der Senat aber zugunsten des Antragstellers davon aus, dass die Angaben im Empfangsbekenntnis richtig sind, so dass die Beschwerdefrist des § 569 ZPO eingehalten ist.
II. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat im Ergebnis zu Recht dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Wird einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren in vollem Umfang durch den Rechtspfleger abgeholfen, hat dieser auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rz. 15), wobei die Kostenentscheidung den §§ 91 f. ZPO zu folgen hat (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 567 Rz. 51). Dem gemäß hat bei einer erfolgreichen Beschwerde eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 91 ZPO zu erfolgen (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O.). Denn § 91 ZPO knüpft ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden der Partei ausschließlich an das Unterliegen der Partei an (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rz. 19; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rz. 3).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren auch nicht in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Es ist bereits umstritten, ob § 93 ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren überhaupt anwendbar ist (verneinend Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rz. 1; bejahend Baumbach/
Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 104 Rz. 20). Insoweit bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil § 93 ZPO allenfalls zugunsten des Schuldners eines prozessualen Kostenerstattungsanspruches, also des Erstattungspflichtigen, Anwendung finden kann (vgl. KG KGReport Berlin 2004, 69 f. zitiert nach JURIS Rz. 4, das die analoge Anwendung zugunsten des Erstattungspflichtigen prüft).
Gemäß § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. § 93 ZPO gilt mithin nur zugunsten des Schuldners eines prozessualen Anspruches. An einer rechtlich vergleichbaren Konstellation fehlt es vorliegend aber. Der Antragsteller ist nicht Schuldner eines prozessualen Anspruchs, sondern Erstattungsberechtigter, der lediglich einräumt, dass die seitens der Beklagten (Erstattungspflichtige) erhobene sofortige Beschwerde begründet sei. Darin liegt indes kein Anerkenntnis eines (prozessualen) Anspruchs des Antragstellers im Rechtssinne.
Eine reziproke Anwendung des § 93 ZPO auf den Antragsteller kommt hingegen nicht in Betracht. Der Senat teilt die herrschende Auffassung, wonach § 93 ZPO nicht auf einen Kläger entsprechend anwendbar ist (vgl. Giebel in MünchKomm/ZPO,
3. Aufl., § 93 Rz. 4; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 3; Stein-Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rz. 1). Denn § 93 ZPO ist eine Vorschrift, die sich eindeutig auf das Anerkenntnisverfahren bezieht und der Ausnahmecharakter zukommt (vgl. BGH JZ 1994, 1009, 1010; Musielak/Wolst, a.a.O., § 93 Rz. 21). Auf Fälle des Klag...