Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitskonzentration bei strafvollzuglichen Nebenentscheidungen. sofortige Beschwerde gegen Versagung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Gebrauchmachen von der Zuständigkeitskonzentration des § 121 Abs. 3 GVG ist das für Rechtsbeschwerden nach §§ 116 ff. StVollzG zuständige Oberlandesgericht auch für Beschwerden über prozessuale Nebenentscheidungen in Straf- und Maßregelvollzugssachen zuständig.
2. Die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 112 Abs. 1 StVollzG ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
3. Das Verschulden seines Verteidigers an der Nichteinhaltung einer gesetzlichen Frist muss der Antragsteller in Straf- und Maßregelvollzugssachen gegen sich gelten lassen. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf daher bei Vorliegen eines Kanzleiversehens eines Vortrages, der auch ein Organisationsverschulden des Verteidigers ausschließt. Dies gilt jedenfalls dann auch bei einem Verschulden eines nach § 109 Abs. 3 StVollzG beigeordneten Verteidigers, wenn die das Verschulden begründende Handlung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verteidiger noch Wahlverteidiger des Antragstellers gewesen ist.
Normenkette
JusGerZustV ND § 19 Abs. 4; GVG § 121 Abs. 3; StVollzG § 109 Abs. 3, § 112 Abs. 1, §§ 116, § 116 ff., § 120; StPO § 46 Abs. 3, § 304
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Am 27. Januar 2015 erhielt der Antragsteller von der Antragsgegnerin einen schriftlichen Bescheid, in dem diese die ihm bis dahin gewährten Begleitausgänge widerrief. Hiergegen hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, der am 11. Februar 2015 bei Gericht einging. Zugleich hat er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist gestellt und diesen damit begründet, dass sein Verteidiger von ihm fristgerecht beauftragt worden sei, im Wege des gerichtlichen Verfahrens gegen den Bescheid vorzugehen. Dieser habe am 9. Februar 2015 den Antrag in der Annahme diktiert, seine Sekretärin schreibe diesen am 10. Februar 2015, sodass der Antrag noch innerhalb der Frist unterzeichnet und per Fax an die Kammer übersandt hätte werden können. Am Abend des 10. Februar habe der Verteidiger in seinem Büro allerdings festgestellt, dass das Diktat unbearbeitet geblieben ist, weil seine Sekretärin einen Tag länger als bekannt krankgeschrieben war. Eine entsprechende Mitteilung sei seinem Verteidiger entgangen, da er ansonsten für Abhilfe gesorgt hätte. Dieser Vortrag ist vom Verteidiger anwaltlich versichert worden.
Die Kammer hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag verworfen, weil nicht dargelegt sei, dass der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten müsse er sich zurechnen lassen. Diesem obliege eine Organisation seines Rechtsanwaltsbüros, bei dem auch Vorkehrungen für den Fall einer unerwarteten Erkrankung getroffen werden müssten. Welche Maßnahmen der Verteidiger insoweit angestrengt hätte, werde jedoch nicht mitgeteilt.
Über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Kammer bislang nicht entschieden. Sie hat die Sache zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde dem Oberlandesgericht Braunschweig vorgelegt. Dieses hält sich für eine solche Entscheidung nicht für berufen und hat die Sache an das Oberlandesgericht Celle weitergeleitet.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht Celle war zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen. Gemäß § 19 Abs. 4 ZustVO-Justiz ist in Niedersachsen von der Möglichkeit der Zuständigkeitskonzentration nach § 121 Abs. 3 GVG Gebrauch gemacht worden. Diese erstreckt sich nach ihrem Wortlaut zwar nur auf Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer, weshalb teilweise eine Zuständigkeitskonzentration auch hinsichtlich der Nebenentscheidungen verneint wird (vgl. etwa BGH, NStZ 1983, 44; OLG Düsseldorf, FS 2013, 57). Diese Auffassung wird jedoch vom Senat nicht geteilt. Insbesondere wenn ein Rechtsmittelführer seine Rechtsmittel ausdrücklich sowohl gegen Hauptsache- als auch Nebenentscheidungen erhebt, würde ansonsten die Gefahr einer Rechtswegaufteilung bestehen, die nicht nur mit dem Gebot schnellen und effektiven Rechtsschutzes kaum vereinbar ist, sondern auch zu problematischen Ergebnissen führen kann. Vorliegend ist dies evident, da bei Berufensein unterschiedlicher Strafsenate in derselben Angelegenheit divergierende Ergebnisse zutage treten könnten. So könnte das Gericht, das lediglich über die sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung zu entscheiden hätte, zu dem Ergebnis kommen, dass keine Wiedereinsetzung zu gewähren ist, während der Senat, der sich mit einer möglic...