Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Verwirkung bei zweckwidriger Nutzung von Wohnungseigentum

 

Normenkette

WEG § 15; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen 17 T 48/02)

AG Hannover (Beschluss vom 24.09.2002; Aktenzeichen 71 II 179/02)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 17. Zivilkammer des LG Hannover vom 29.7.2003 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG Hannover vom 24.9.2002 – 71 II 179/02 – teilweise geändert.

Dem Antragsgegner wird untersagt, in seinem Teileigentum im Erdgeschoss links des Hauses (eingetragen im Grundbuch von …, Bl. …) einen Restaurationsbetrieb (Gaststätte, Pizzeria, Café, Eisdiele) zu unterhalten oder unterhalten zu lassen. Ihm wird eine Frist von neun Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses gewährt, innerhalb derer er im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren darauf hinzuwirken hat, dass der Mieter die unzulässige Nutzung des Teileigentums schon vor Ablauf des Mietverhältnisses unterlässt. Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des AG Hannover zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen tragen die Antragsteller 20 % und der Antragsgegner 80 %. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Geschäftswert des Verfahrens über die weitere Beschwerde: 6.000 Euro.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie sich gegen die unter 2. des Tenors des angefochtenen Beschlusses des LG ausgesprochene Verpflichtung zur Beseitigung baulicher Veränderungen richtet. Soweit dagegen der Antragsgegner sich gegen seine Verurteilung zur Unterlassung der Nutzung seines Teileigentums als Restaurationsbetrieb wendet, hält der angefochtene Beschluss seinen Angriffen stand.

I. Die Antragsteller zu 1) und der Antragsgegner sind Mitglieder einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Sie streiten darum, ob der Antragsgegner sein Eigentum für Zwecke eines Restaurationsbetriebes nutzen darf und dafür ohne ausdrückliche Genehmigung der Gemeinschaft angebrachte bauliche Veränderungen (Lüftungsanlage durch einen unbenutzten Schornstein, Werbeschilder, Alarmanlage, Veränderungen an Fenstern) beseitigen muss. In der Teilungserklärung ist das von dem Antragsgegner am 1.1.1994 erworbene Teileigentum wie folgt bezeichnet:

„Teileigentum an der im Erdgeschoss des Hauses gelegenen Wohnung, bestehend aus einem dreiteiligen Ladenraum und vier weiteren Räumen.”

Schon unter den Vorgängern des Antragsgegners bzw. deren Mietern wurden die Räume des betreffenden Teileigentums seit Errichtung der Anlage Anfang der 80er Jahre als Café, Werbeagentur, Billard-Lokal und seit dem 1.10.1992 als Pizzeria/Pizza-Bringdienst genutzt. Der Antragsgegner ist bei Erwerb des Teileigentums in dem Mietvertrag über die Pizzeria/Pizza-Bringdienst eingetreten. Die Antragsteller halten die Nutzung der Räumlichkeiten für diese Zwecke für unzulässig. Dies verstoße gegen die Beschreibung in der Teilungserklärung. Auch wenn sie von einer gerichtlichen Geltendmachung abgesehen hätten, hätten sie schon seit der Nutzung der Räumlichkeiten für eine Pizzeria sich ggü. dem Vorgänger des Antragsgegners über Geräusch- und Geruchsbelästigungen beklagt. Beim Erwerb des Teileigentums habe der Antragsgegner ggü. der Zeugin Z. erklärt, nach Ende des laufenden Mietvertrages werde er bei einer anderweitigen Vermietung nicht mehr an eine Pizzeria vermieten. Gleichwohl habe der Antragsgegner die Räumlichkeiten nunmehr anderweitig vermietet und der jetzige Betreiber habe das Angebot erheblich ausgeweitet und aus einer Pizzeria/Pizza-Bringdienst einen umfassenden Restaurationsbetrieb mit vielfältigem internationalen Speisenangebot gemacht. Durch die Lüftungseinrichtung über einen Schornstein würden andere Wohnungseigentümer erheblich belästigt und durch Werbetafeln und Veränderungen an den Fenstern das Äußere des Gebäudes verunstaltet. Diese baulichen Veränderungen müsse der Antragsgegner als Zustandsstörer beseitigen, unabhängig davon, wer sie angebracht habe.

Nach Auffassung des Antragsgegners hält sich die gegenwärtige Nutzung im Rahmen der Bestimmung der Teilungsvereinbarung. Letztlich sei auch ein Pizza-Bringdienst mit einem Laden vergleichbar. Es sei zwar richtig, dass bei der Neuvermietung der gegenwärtige Mieter sein Speisenangebot ausgeweitet habe, weil sich die bisherige Nutzung wirtschaftlich nicht rentiert habe. Gleichwohl würden i.E. nicht mehr Speisen verkauft als früher, wozu er sich auf das Zeugnis des gegenwärtigen Mieters beruft. Zumindest hätten die Antragsteller den Anspruch verwirkt. Dies folge schon aus der langjährigen Nutzung der Räumlichkeiten für Zwecke einer Pizzeria/Pizza-Bringdienst schon vor dem Erwerb des Teileigentums durch den Antragsgegner. Beim Erwerb sei dem Antragsgegner die Teilungserklärung n...

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