Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Unterlassung der Nutzung eines als „Laden und Büroraum” in der Teilungserklärung bezeichneten Teileigentums als Pizzeria (Telepizzeria) ist verwirkt, wenn die Nutzung längere Zeit nicht beanstandet bzw. widerrufen worden ist und der Teileigentümer sich darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, ein Anspruch auf Unterlassung werde auch in Zukunft nicht geltend gemacht.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1, § 3; BGB §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 03.02.2003; Aktenzeichen 19 T 354/02)

AG Neuss (Aktenzeichen 27b II 154/02 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 10.000 Euro.

 

Gründe

I. Die im Jahre 1972 gegründete Eigentümergemeinschaft bestand ursprünglich aus den Eltern des Beteiligten zu 1) als teilenden Eigentümern des Grundbesitzes und den Beteiligten zu 2), die das Sondereigentum an dem im Erdgeschoss liegenden Teileigentum erworben hatten. Die betreffenden Räumlichkeiten waren in der Teilungserklärung als „Laden und Büroraum” bzw. „Ladenlokal” bezeichnet.

Bis 1992 wurden die Räume des Teileigentums nach Angaben des Beteiligten zu 1) zunächst als Büroraum, später zum Betrieb eines Eiscafés genutzt, nach Angaben der Beteiligten zu 2) wurde seit 1972 in den Räumen eine „Eisdiele” betrieben.

Ab 1992 verpachteten die Beteiligten zu 2) ihr Teileigentum zum Betrieb einer Pizzeria. Ab 2000 wurde nach einem Wechsel des Pächters der Betrieb auch auf die Auslieferung von Pizzen als sog. „Tele-Pizzeria” erweitert.

Im Jahre 1996 wurde die Teilungserklärung aus dem Jahre 1972 durch die Eltern des Beteiligten zu 1) und die Beteiligten zu 2) geändert. Anlass war die Vornahme baulicher Veränderungen durch die Eltern des Beteiligten zu 1) und die Aufteilung ihres Wohnungseigentums in drei selbständige Sondereigentums-Einheiten mit je einem Miteigentumsanteil von 2/9, die anschließend auf ihre Kinder, darunter auch den Beteiligten zu 1), übertragen wurden.

Der Beteiligte zu 1) hat im Frühjahr 2002 geltend gemacht, die Nutzung des Teileigentums der Beteiligten zu 2) als Pizzeria sei nicht zulässig. Die mit dem Betrieb der Pizzeria einhergehenden Beeinträchtigungen durch Geruchsimmissionen und starken Lärm seien nicht zumutbar.

Er hat beantragt, den Beteiligten zu 2) den Gebrauch ihres Sondereigentums als Pizzeria zu untersagen;

hilfsweise, die Beteiligten zu 2) zu verpflichten, die Pizzeria in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr geschlossen zu halten; weiter hilfsweise, die Beteiligten zu 2) zu verpflichten, ausreichende, in ihr Ermessen gestellte Vorkehrungen zu treffen, dass die zulässigen Lärmimmissionen die Grenzwerte der amtlichen Richtlinie TA Lärm nicht überschreiten.

Die Beteiligten zu 2) haben unter Hinweis auf die langjährige, ohne Beanstandung hingenommene Nutzung der Räume als Pizzeria um Abweisung der Anträge gebeten.

Das AG hat dem Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) stattgegeben.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das LG die Entscheidung des AG abgeändert und die Anträge des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, weil u.a. der Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) verwirkt sei.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) sein Begehren weiter. Er meint, das LG sei zu Unrecht von einer Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ausgegangen, weil die Beteiligten zu 2) keinen Anlass zu der Annahme gehabt hätten, die Nutzung ihrer Räume als Pizzeria werde hingenommen.

Die Beteiligten zu 2) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1 27, 29 FGG zulässige, sofortige weitere Beschwerde ist in der Sache nicht begründet, denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).

1. Das LG hat ausgeführt, zwar widerspreche die Nutzung des Teileigentums als Pizzeria der Zweckbestimmung dieser Räume in der Teilungserklärung als „Laden und Büroraum”, insoweit sei auch die Teilungserklärung aus 1972 nicht im Jahre 1996 abgeändert worden, der an sich gegebene Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) sei aber verwirkt. Sowohl der Beteiligte zu 1) als auch seine Rechtsvorgänger hätten die vereinbarungswidrige Nutzung als Pizzeria über einen Zeitraum von 6 Jahren bzw. 4 Jahren hingenommen, ohne der Nutzung zu widersprechen. Dadurch sei i.V.m. dem Umstand, dass weder die Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1) bei der Änderung der Teilungserklärung die zweckwidrige Nutzung als Pizzeria gerügt hätten noch der Beteiligte zu 1), der sein Sondereigentum in Kenntnis der konkreten Nutzung des Teileigentums als Pizzeria erworben hatte, die Unterlassung dieser Nutzung verlangt habe, für die Beteiligten zu 2) ein Vertrauensschutz dahin begründet worden, dass die Pizzeria weiterhin betrieben...

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