Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenstreitwert für die Berufung gegen ein Zwischenurteil
Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Gebührenstreitwerts für die Berufung, wenn das erstinstanzliche Gericht in dem angefochtenen Zwischenurteil die Klage - ohne dass eine Verweisungsmöglichkeit besteht - für zulässig erachtet und den Aussetzungsantrag zurückgewiesen hat.
Normenkette
GKG § 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 3 S. 3; ZPO § 3; EuGVVO Art. 27
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 8 O 120/10) |
Tenor
In dem Rechtsstreit ... wird auf die gegen die Streitwertfestsetzung des Senats vom 7.6.2012 gerichtete und als Gegenvorstellung zu behandelnde "Beschwerde" vom 20.6.2012 der Streitwert für das Berufungsverfahren unter Zurückweisung der weiter gehenden Gegenvorstellung auf 2.263.200 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht findet nicht statt (vgl. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG); die als Beschwerde bezeichnete Eingabe ist als Gegenvorstellung zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.3.2002 - 1 BvR 229/02, juris Rz. 3).
2. Der angefochtene Beschluss ist in einem geringen Umfang zu korrigieren.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2 ist nicht von einem Hauptsachestreitwert von nur 1 Mio EUR auszugehen. Die Klägerin macht insgesamt einen Schaden von 3,85 Mio US-$ geltend, wobei der Leistungsantrag 1 Mio US-$ umfasst; auf das Feststellungsverlangen entfallen 2,85 Mio US-$. Bei einem im Zeitpunkt der Berufungseinreichung geltenden Umrechnungskurs von rund 0,69 ergeben sich für den Feststellungsantrag ein Betrag von 1.966.500 EUR, verringert um den Abschlag von 20 %, mithin 1.573.200 EUR, und für den Leistungsantrag
690.000 EUR. Insgesamt beträgt der Streitwert 2.263.200 EUR. Der auf die Vollstreckung gerichtete Feststellungsantrag hat wegen wirtschaftlicher Identität keine werterhöhende Bedeutung.
b) Ein Abschlag auf den Hauptsachestreitwert ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vorzunehmen.
Allerdings wird in der Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass in der Rechtsmittelinstanz, wenn es nur um die Frage des zuständigen Gerichts geht, der Hauptsachestreitwert dann zu reduzieren ist, wenn Hilfsverweisungsanträge gestellt sind und es deshalb nur um das Verweisungsinteresse geht (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.3.1999 - 5 U 189/98, juris Rz. 13 ff., 16; LG Braunschweig, Beschl. v. 14.5.1997 - 7 S 43/73; NJW 19973, 1846; Onderka in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rz. 4723; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., Anh. I § 48 GKG Rz. 143; Gehle in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rz. 270; a.A. BayObLG, Beschluss vom 21.3.2002 - 2Z BR 170/01, juris Rz. 17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.9.1972 - 10 W 72/72, Rpfleger 1972, 463; OLG Hamm, Beschl. v. 23.8.1968 - 15 W 259/68, JurBüro 1968, 991, 992; BFH, Beschl. v. 17.10.1985 - IV S 19/85, juris Rz. 5).
Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Vielmehr verteidigen sich die Beklagten gegen die Klage mit dem Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit. Im Fall ihres Obsiegens wäre die Klage als unzulässig abzuweisen; die Zurückweisung ihrer Berufung hätte zur Folge, dass sich die Beklagten vor dem erstinstanzlichen Gericht auf die Klage einlassen müssten. Den Rechtsstreit an ein anderes Gericht zu verweisen, käme nicht in Betracht. Würde die Klage als unzulässig abgewiesen, richtete sich der Streitwert nach dem materiellen Klageanspruch und nicht danach, ob die Klage zulässig aber unbegründet oder unzulässig ist. Im Rahmen der Überprüfung der Zwischenentscheidung kann nichts anderes gelten.
Für den Fall der Rechtswegverweisung hat der BGH zwar entschieden, dass nur ein Bruchteil des Hauptsachestreitwerts maßgebend ist (Beschl. v. 19.12.1996 - III ZB 105/96, juris Rz. 18). Dazu hat er jedoch darauf abgestellt, dass es - anders als hier - gerade an der Möglichkeit fehlt, die Klage als unzulässig abzuweisen, weil der Rechtsstreit auch ohne Antrag von Amts wegen an die zuständige Gerichtsbarkeit zu überweisen ist (BGH, a.a.O.).
Es ist auch anerkannt, dass der Wert der Beschwer dem Streitwert der Hauptsache entspricht, wenn das Berufungsgericht durch Zwischenurteil die Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit (§ 110 ZPO) verwirft (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1961 - VIII ZR 65/61, BGHZ 37, 264, 268 f.; Beschluss vom 20.3.2002 - IV ZR 3/01, juris Rz. 4; OLG Zweibrücken, Urt. v. 13.10.1994 - 4 U 222/93, NJW 1995, 537, 538). Auch hier wird das Verfahren nicht verwiesen oder aufgeschoben, sondern endgültig abgeschlossen, wenn die Sicherheit nicht erbracht wird. Die Klage wird zwar nicht als unzulässig abgewiesen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 110 Rz. 4); sie ist aber für zurückgenommen zu erklären beziehungsweise das Rechtsmittel ist zu verwerfen (vgl. § 113 ZPO).
Da die Beklagten in erster Linie die Klageabweisung erreichen möchten, wird zu-dem nicht lediglich darüber gestritten, wann über die Klage entschieden werden soll (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 29.11.19...