Leitsatz (amtlich)
1. Für den in § 9 ARegV vorgesehenen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor gibt es keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.
2. Gestiegene Kosten für Verlustenergie begründen keinen Härtefall i.S.v. § 4 Abs. 4 ARegV, der ermöglicht, die Erlösobergrenzen anzupassen.
3. Im vereinfachten Verfahren ergibt sich gem. § 34 Abs. 3 ARegV das Ausgangsniveau für die Erlösobergrenze in der ersten Regulierungsperiode für Netzbetreiber, deren letzte Genehmigung der Netzkosten auf der Datengrundlage des Jahres 2004 beruhen, aus dem Ergebnis dieser Genehmigung zzgl. eines Inflationsausgleichs für die Jahre 2005 und 2006.
§ 6 ARegV ist nicht anwendbar. Es ist deshalb weder eine spätere Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen noch ist die kalkulatorische Gewerbesteuer an die gem. § 7 Abs. 6 S. 1 StromNEV veränderte Eigenkapitalverzinsung anzupassen.
Normenkette
EnWG § 21a; AReGV § 4; ARegV §§ 9, 34
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 17.12.2008 - AZ. ... - aufgehoben, mit Ausnahme der Ablehnung des Antrags auf Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV und mit Ausnahme der Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines pauschalierten Investitionszuschlags.
Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, einen neuen Festlegungsbescheid mit Wirkung zum 1.1.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführerin zu 53 % und die Beschwerdegegnerin zu 47 %.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.666.156,32 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin eines Elektrizitätsverteilernetzes in Niedersachsen. Sie wendet sich mit ihrer am 16.1.2009 beim OLG Celle eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 19.12.2008 zugestellten Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 17.12.2008 (...). Ihre Beschwerdebegründung ist nach antragsgemäßer Fristverlängerung bis zum 16.3.2009 - am 16.3.2009 beim OLG Celle eingegangen.
Mit Beschluss vom 3.4.2007 hatte ihr die Beschwerdegegnerin auf Grundlage der Werte des Geschäftsjahres 2004 befristet bis zum 31.12.2007 Höchstnetzentgelte genehmigt. Die Genehmigung wurde auf entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 2.8.2007 bis zum 31.12.2008 verlängert.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beschwerdegegnerin im Rahmen der Anreizregulierung die Erlösobergrenzen der Netzentgelte in der ersten Anreizregulierungsperiode festgelegt. Zugleich hat sie Anträge der Beschwerdeführerin auf Berücksichtigung gestiegener Kosten für Verlustenergie gem. § 4 Abs. 4 Nr. 2 ARegV sowie auf Gewährung eines pauschalierten Investitionszuschlags abgelehnt.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin, deren Teilnahme am vereinfachten Verfahren gem. § 24 ARegV durch Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 18.1.2008 genehmigt worden war, gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin zur Festlegung der Erlösobergrenzen im Rahmen der Anreizregulierung für den Zeitraum der ersten Regulierungsperiode. Sie beanstandet, dass die Beschwerdegegnerin bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus hinsichtlich des Eigenkapitalzinssatzes II, der kalkulatorischen Gewerbesteuer und der Plankosten für Verlustenergie keine Anpassung an die abweichende Rechtsprechung des BGH aus dessen Beschlüssen vom 14.8.2008 vorgenommen habe. Darüber hinaus sei gesetzeswidrig ein genereller sektoraler Produktivitätsfortschritt berücksichtigt worden, wobei die Beschwerdegegnerin auch gegen die Methodenrobustheit verstoßen habe. Die Beschwerde richtet sich außerdem gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Gewährung eines pauschalierten Investitionszuschlags und auf Berücksichtigung der Plankosten für die Beschaffung von Verlustenergie. Soweit sich die Beschwerdeführerin zunächst auch gegen den von der Beschwerdegegnerin ausgesprochenen Auflagenvorbehalt zur Mehrerlösabschöpfung gewendet hat, hat sie diesen Antrag im Laufe des Verfahrens zurückgenommen.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
1. den Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 17.12.2008 (Az.: ...) aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Erlösobergrenzen der ersten Regulierungsperiode (Jahre 2009 - 2013) für die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bestimmen.
2. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, für die Bestimmung des Ausgangsniveaus für die erste Regulierungsperiode sei im vereinfachten Verfahren § 34 Abs. 3 Satz 2 ARegV als Spezialregelung anzuwenden. Maßgebend seien die Kosten, die im Rahmen der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a EnWG anerkannt worden seien. Änderungen, die sich aus der danach ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergäben, seien nicht zu berücksichtigen. Auch der pauschalierte Investitionszuschlag ...