Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 03.12.2021; Aktenzeichen 1 Qs 225/20) |
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 01.10.2020; Aktenzeichen 1 Qs 225/20) |
AG Syke (Entscheidung vom 10.09.2020; Aktenzeichen 4a Ds 419 Js 5840/19 (46/19) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Verteidigers vom 13. Dezember 2021 werden die Beschlüsse des Landgerichts Verden vom 3. Dezember 2021 und vom 1. Oktober 2020 sowie der Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 10. September 2020 aufgehoben.
Für den Verteidiger wird für dessen Tätigkeit eine weitere Vergütung in Höhe von 4.498,20 € festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Verteidiger begehrt die Festsetzung weiterer Rechtsanwaltsvergütung.
Am 11. Februar 2019 erhob die Staatsanwaltschaft Verden Anklage gegen den Angeklagten wegen Betruges in einem Fall vor dem Strafrichter des Amtsgerichts Syke. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, dass er einen Artikel über die Internetplattform eBay verkauft haben soll, den er entsprechend seines Tatplanes nach Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer nicht lieferte. Zum Zeitpunkt der Anklageerhebung waren bei der Staatsanwaltschaft bereits zahlreiche weitere Verfahren mit gleich gelagerten Tatvorwürfen gegen den Angeklagten anhängig.
Auf einen Antrag des Verteidigers von 24. April 2019, ihn dem Angeklagten als Pflichtverteidiger zu bestellen, teilte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 2. Mai 2019 mit, dass hiergegen keine Bedenken bestünden, weil zu diesem Zeitpunkt schon 20 andere, gleichgelagerte Ermittlungsverfahren bei ihr geführt würden. Am 20. Mai 2019 bestellte das Amtsgericht den Verteidiger zum Pflichtverteidiger. In der Folgezeit klagte die Staatsanwaltschaft in 16 weiteren Verfahren zahlreiche gleichgelagerte Tatvorwürfe beim Amtsgericht Syke mit der Anregung der Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung an. Bei den weiteren Anklagen handelte es sich teilweise um einzelne, teilweise um mehrere Tatvorwürfe aus zuvor verbundenen Ermittlungsverfahren.
In jedenfalls sechs der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren war der Anklage vorausgegangen, dass verschiedene am Wohnort der jeweils Geschädigten zuständige Staatsanwaltschaften die bei ihnen anhängig gemachten Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft Verden als für den Wohnsitz des Angeklagten zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben hatten. Die Staatsanwaltschaft Verden übernahm die ihr vorgelegten Verfahren und vergab zunächst für jedes übernommene Verfahren ein gesondertes Aktenzeichen. Auf zahlreiche unter Nennung der jeweiligen Aktenzeichen an die Staatsanwaltschaft gerichtete einzelne Anträge des Verteidigers gewährte sie diesem jeweils durch gesonderte Verfügungen der zuständigen Dezernentin bzw. des zuständigen Dezernenten in den einzelnen Ermittlungsakten gesondert Akteneinsicht. In einigen später bei der Staatsanwaltschaft eingetragenen Verfahren erfolgte die Gewährung von Akteneinsicht an den Verteidiger auch ohne dessen Gesuch schon bei Eintragung der Sache von Amts wegen. Nach Rückkehr der Akten vom Verteidiger wurden diese in der Zeit vom 22. Mai 2019 bis zum 31. Juli 2019 zu insgesamt sechs Verfahren verbunden und sukzessive zum Amtsgericht angeklagt. Dabei wurde jeweils eines der Verfahren als sogenanntes führendes Verfahren bestimmt, zu dem die Akten der hinzuverbundenen Verfahren als Fallakten genommen wurden. Beim Amtsgericht wurden die nachträglich eingegangenen Anklagen zum Verfahren der ersten Anklage vom 11. Februar 2019 verbunden und fortwährend als "Sonderhefte" mit Fallakten geführt. Mehrfach im Zuge der sukzessiven Anklageerhebung, zuletzt mit in der Hauptverhandlung vom 20. Mai 2020 verkündetem Beschluss entschied das Amtsgericht, dass die Wirkungen der Pflichtverteidigung gemäß § 46 Abs. 6 S. 3 RVG auf die hinzuverbundenen Verfahren erstreckt werden.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten schließlich mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 20. Mai 2020 wegen Betruges in 60 Fällen, davon in einem Fall als Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.
Im Anschluss an die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht beantragte der Verteidiger mit insgesamt 16 Anträgen in der Zeit vom 25. Mai 2020 bis zum 28. Mai 2020 die Festsetzung von Verteidigergebühren gegen die Staatskasse. Im Wesentlichen wurden diese durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts wie beantragt festgesetzt. Im Hinblick auf die Anträge der sechs streitbefangenen Verfahren wich diese allerdings vom jeweiligen Antrag des Verteidigers ab. In diesen Verfahren war es jeweils wie oben näher beschrieben nach gesonderter Eintragung sowie nach gewährter Akteneinsicht an den Verteidiger und vor Anklageerhebung zur Verbindung mehrerer, von unterschiedlichen Staatsanwaltschaften übernommener Ermittlungsverfahren gekommen. Der Verteidiger berechnete in seinen Kostennoten für diese...