Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeit-Werte (sog. "Zeitwertpapiere") unterfallen weder dem Zugewinnausgleich, noch dem Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Zeit-Werte (sog. "Zeitwertpapiere") dienen der Verkürzung der Lebensarbeitszeit durch Freistellung von der Arbeit vor dem Übergang in die Freistellungsphase der Altersteilzeit oder dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Sie werden aus geleisteter, bislang unvergüteter Arbeitszeit und weiteren Lohnbestandteilen gebildet und in der Leistungsphase durch bezahlte Freistellung verwendet.
Bei Zeit-Werten handelt es sich um Arbeitsentgelt, das nicht dem Zugewinnausgleich unterfällt. Im Versorgungsausgleich sind Zeit-Werte nur zu berücksichtigen, soweit hieraus in der Freistellungsphase während der Ehezeit Zahlungen geleistet werden.
Normenkette
BGB §§ 1373, 1375 Abs. 1, § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 1587; VersAusglG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Gifhorn (Beschluss vom 04.04.2013; Aktenzeichen 16 F 730/11) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Teil-Beschluss des AG - Familiengericht - Gifhorn vom 4.4.2013 - 16 F 730/11 - wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten haben am 23.8.2002 geheiratet. Sie leben spätestens seit Ende 2010 getrennt. Der Scheidungsantrag wurde am 26.8.2011 zugestellt.
Der Antragsteller ist Mitarbeiter der V. AG und hat dort sog. Zeitwertpapiere (im Folgenden: "Zeit-Werte") erworben. Dies erfolgt in der Weise, dass der Mitarbeiter auf die Auszahlung bestimmter Vergütungen verzichtet und er dadurch Zeit-Werte erwirbt, die er regelmäßig vor dem Erreichen der gesetzlichen
Altersgrenze als bezahlte Freistellung verwendet. Dieses Modell dient der Verkürzung der Lebensarbeitszeit.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Scheidungsverbundes einen Stufenantrag zum Zugewinnausgleich gestellt. Auf der ersten Stufe begehrt sie Auskunft über den Wert der Zeit-Werte des Antragstellers zum Stichtag 27.8.2011. Der Antragsteller hat die Zurückweisung beantragt und meint, dass Zeit-Werte nicht dem Zugewinnausgleich unterfallen.
Das AG hat den Antrag durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und dies darauf gestützt, dass Zeitwertpapiere nicht als Bestandteile der Vermögensbilanz heranzuziehen seien. Im Übrigen sei eine konkrete Bemessung zum Stichtag nicht möglich, weil im Leistungsstadium Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und begehrt hilfsweise die Feststellung, dass die Zeit-Werte im Rahmen des Versorgungsausgleichs auszugleichen sind.
Der Senat hat eine Auskunft der V. AG eingeholt. Diese hat die Betriebsvereinbarung Nr. 01/12 "Zeit-Werte", gültig ab 1.1.2012 (im Folgenden "Betriebsvereinbarung") vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
II. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über den Wert der Zeit-Werte des Antragsgegners bei der V. AG zum Stichtag 27.8.2011 gem. § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB.
Nicht ins Gewicht fällt dabei, dass die Antragstellerin Auskunft zum Stichtag 27.8.2011 verlangt, obwohl die Zustellung des Scheidungsantrages am 26.8.2011 erfolgte und Auskunft nur für diesen Stichtag begehrt werden kann. Dies hätte durch eine Antragskorrektur bereinigt werden können.
Bei den Zeit-Werten handelt es sich jedoch nicht um Vermögen, das dem Zugewinnausgleich nach §§ 1373, 1375 Abs. 1 S. 1 BGB unterfällt. Es handelt sich vielmehr um Arbeitsentgelt. Das ergibt sich aus der Entstehung der Zeit-Werte. In Nr. 3 und der Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung ist geregelt, welche Ansprüche aus tariflichen und betrieblichen Leistungen zum Aufbau von Zeit-Werten verwendet werden können. Dies sind namentlich Teile des Monatsentgelts, Mehrarbeitsentgelte, Zulagen, Zuschläge, Bonuszahlungen und Gratifikationen. Sie werden dem Zeit-Wert-Konto als Bruttoentgelt zugerechnet.
Auch die einmal auf diesem Weg gebildeten Zeit-Werte bleiben nach ihrer Zweckbestimmung Arbeitsentgelt. Das ergibt sich aus Nr. 2 der Betriebsvereinbarung, wonach die Zeit-Werte der Verkürzung der Lebensarbeitszeit vor dem Übergang in die gesetzliche Altersrente dienen.
Regelfall ist nach Nr. 8.1.1 der Betriebsvereinbarung, dass das aktuelle Zeit-Wertguthaben unmittelbar vor Beginn der Freistellungsphase der Altersteilzeit bzw. vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in bezahlte Freistellungszeiträume umgerechnet wird. Die Auszahlung erfolgt wie bei gewöhnlichem Arbeitsentgelt unter Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, wobei die V. AG die Arbeitgeberanteile trägt.
Auch aus den weiteren Bestimmungen für diejenigen Ausnahmefälle, in denen die Freistellung nicht gewährt werden kann, ergibt sich, dass Regelungen getroffen wurden, die den Umstand, dass es sich um Arbeitsentgelt handelt, so weit wie ...