Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühren des im Scheidungsverfahren beigeordneten Anwaltes für die Vertretung des Mandanten im PKH/VKH-Prüfungsverfahren betreffend eine weitere, nicht rechtshängig gewordene Folgesache
Leitsatz (amtlich)
Der Anwalt, der seinen Mandanten im Scheidungsverfahren unter Bewilligung von PKH/VKH vertreten hat, kann für die weitergehende Vertretung in einem PKH/VKH-Prüfungsverfahren bezüglich einer dann nicht rechtshängig gewordenen Folgesache (hier: Unterhalt) ggü. dem Mandanten nach § 11 RVG die Festsetzung von Gebühren nur in Höhe der Differenz erlangen, die sich nach Abzug der Wahlanwaltsgebühr aus dem von der PKH/VKH-Bewilligung umfassten Teil von der Wahlanwaltsgebühr für den Gesamtwert aus Scheidung und Folgesache ergibt.
Normenkette
RVG-VV § 11; RVG § 16 Nr. 2; RVG-VV Nr. 3335
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 14.04.2010; Aktenzeichen 606 F 1585/08) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Die gem. § 11 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) von dem Antragsgegner als Auftraggeber an Rechtsanwältin D.-R. zu erstattenden Kosten werden auf 142,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.8.2009 festgesetzt.
II. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 600 EUR festgesetzt.
Gründe
Rechtsanwältin D.-R. hat den Antragsgegner im Scheidungsverfahren, für welches das AG einen Gegenstandswert i.H.v. 11.353 EUR festgesetzt hat, als beigeordnete Rechtsanwältin vertreten und dafür Gebühren aus der Landeskasse erhalten. Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens hat die Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 711 EUR begehrt. Rechtsanwältin D.-R. hat den Antragsgegner auch in diesem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren vertreten und in seinem Namen Stellung zu dem Antrag genommen. Das Unterhaltsverfahren ist nicht rechtshängig geworden, nachdem sich die Parteien auf den nachehelichen Unterhalt geeinigt haben.
Auf ihren Antrag vom 6.8.2009 hat das AG mit Beschluss vom 14.8.2009 gem. § 11 RVG die vom Antragsgegner an Rechtsanwältin D.-R. zu erstattenden Kosten auf 561,61 EUR festgesetzt. Dabei hat es die Gebühren dem Antrag entsprechend nach einem Streitwert für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt (711 EUR X 12 = 8.532 EUR) gem. Nr. 3335 RVG-VV (1,0 Gebühren zugl. Auslagen und Umsatzsteuer) berechnet.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der das AG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung der angefochtenen Entscheidung. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Zutreffend geht das AG in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 14.7.2010 zwar davon aus, dass es sich bei der Gebühr nach Nr. 3335 RVG-VV um eine selbständige Gebühr handelt, die bei Rechtshängigkeit mit den Gebühren für das Hauptsacheverfahren zu verrechnen ist. Der Umstand, dass die Folgesache Ehegattenunterhalt nicht rechtshängig geworden ist, führt jedoch nicht dazu, dass eine Verrechnung nicht erfolgen kann. Denn nach § 16 Nr. 4 RVG handelt es sich bei Scheidungssachen und Folgesachen um dieselbe Angelegenheit. Das bedeutet, dass nicht anders zu verfahren ist, als wenn lediglich für einen Teil einer beabsichtigten Leistungsklage Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. In einem derartigen Fall geht nach § 16 Nr. 2 RVG die zunächst entstandene 1,0 Gebühr nach dem Wert des PKH-Antrages i.H.v. 1,0 nach dem Wert des Klageantrages in der 1,3 Verfahrensgebühr für den Klageantrag auf. Vom Mandanten kann der Rechtsanwalt die Differenz verlangen, die sich nach Abzug der Wahlanwaltsgebühr aus dem Teil, für den PKH gewährt wurde, von der Wahlanwaltsgebühr aus dem Gesamtwert ergibt (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl. 2008, VV 3335, Rz. 65 m.w.N.). Danach berechnen sich die vom Antragsgegner an Rechtsanwältin D.-R. zu erstattenden Gebühren wie folgt:
1,0 Gebühr gem. VV 3335 aus (11.353 EUR + 8.532 EUR = 19.885 EUR) |
646 EUR |
./. 1,0 Gebühr gem. VV 3335 aus 11.353 EUR |
526 EUR |
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120 EUR |
19 % Umsatzsteuer |
22,80 EUR |
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142,80 EUR |
Fundstellen
FamRZ 2011, 666 |
AGS 2011, 495 |