Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot nach § 30 Abs. 3 Satz 2 StVO hinsichtlich der mit den in § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StVO genannten Fahrten im Zusammenhang stehenden Leerfahren gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StVO
Leitsatz (amtlich)
Bei der Auslegung des Zusammenhangs der Leerfahrten im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StVO mit den in § 30 Abs. 3 Satz 2 StVO genannten Lastfahren dürfen auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden.
Es ist nicht erforderlich, dass sowohl die Lastfahrt als auch die damit im Zusammenhang stehende Leerfahrt im Verbotszeitraum durchgeführt werden.
Normenkette
StVO § 30 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2-3
Tenor
I. Die Sache wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II. Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bückeburg gegen das Urteil des Amtsgerichts Stadthagen vom 7. März 2016 wird als unbegründet verworfen.
III. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Verfallsbeteiligten fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 7. März 2016 hat das Amtsgericht Stadthagen die Verfallsbescheide des Landkreises S. vom 21. April 2015 (Az.: xxx und xxx) aufgehoben.
Mit diesen Bescheiden hatte der Landkreis gegen die E. G. B. GmbH als Verfallsbeteiligte einen Verfall in Höhe von jeweils 500 € angeordnet. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lag den Bescheiden folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 8. Februar 2015 fand um 14:45 Uhr auf der Bundesautobahn 2 auf Kilometer 250,500 in Fahrtrichtung D. am Parkplatz B. K. bei der Gemeinde B. N. eine Polizeikontrolle zweier Sattelzugmaschinen mit Anhänger statt, die für die Verfallsbeteiligte unterwegs waren. Der 8. Februar 2015 war ein Sonntag.
Es handelte sich um die Gespanne mit den Kennzeichen xxx (Zugmaschine) und xxx (Anhänger) sowie xxx (Zugmaschine) und xxx (Anhänger). Die Fahrer beider Kombinationen waren in den Mittagsstunden vom Firmengelände der Verfallsbeteiligten in B. aufgebrochen, um rechtzeitig bei Blumenversteigerungen in den Niederlanden anzukommen, die frühmorgens um 6:00 Uhr beginnen. Die erstgenannte Kombination war zu diesem Zweck auf dem Weg in die niederländische Gemeinde R., die zuletzt genannte Kombination fuhr ins holländische W. Für beide betrug die Fahrzeit ca. 8-9 Stunden. In den Landanhängern waren leere Kisten verladen, in welche frische Blumenware aufgenommen werden sollten.
Die Verfallsbeteiligte verfügte zu diesem Zeitpunkt für beide Sattelzugmaschinen über eine Ausnahmegenehmigung gem. § 30 Abs. 3, § 46 Abs. 1 Nr. 7 StVO, jeweils ausgestellt vom Bezirksamt Mitte von B. vom 8. Dezember 2014. Als Geltungszeitraum war die Zeit ab dem Ausstellungsdatum bis zum 31. Dezember 2015 vorgesehen. Erlaubt waren nach Bescheid der "terminierte Transport von Schnittblumen/lebenden Pflanzen im grenzüberschreitenden Verkehr und die damit verbundenen Lehrfahrten". Nach der Nebenbestimmung zu 1.) durfte von der Ausnahmegenehmigung nur gebraucht gemacht werden, "wenn der Transport unvermeidlich im Verbotszeitraum nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StVO durchgeführt werden müsse".
Auf dieser Grundlage vermochte das Amtsgericht keinen Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot und damit keine Ordnungswidrigkeit nach § § 30 Abs. 3, 49 StVO festzustellen. Damit entfiel aus dessen Sicht zugleich die entscheidende Voraussetzung für die Anordnung eines Verfalls nach § 29a OWiG.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bückeburg, mit der diese die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Stadthagen begehrt. Zur Begründung trägt die Staatsanwaltschaft Bückeburg vor, dass die Leerfahrt am Sonntag dem 8. Februar 2015 nicht von der Ausnahmegenehmigung des Bezirksamts Mitte von B. vom 8. Dezember 2014 umfasst sei. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft stehe die bloße Lehrfahrt am Sonntag nicht im Zusammenhang mit der Transportfahrt am folgenden Montag. Die Genehmigung sei so zu verstehen, dass diese nur Fahrten genehmige, bei denen die Transportfahrt und die Leerrückfahrt oder die Leerhinfahrt und die Transportfahrt an einem Sonn- oder Feiertag durchgeführt werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bückeburg vertreten und die Aufhebung des Urteils nebst Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung beantragt.
II.
Das Verfahren wird auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 OWiG). Die Rechtsfrage, ob Leerfahrten im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StVO, die im Zusammenhang mit Fahrten nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StVO stehen, zwingend zusammen mit der Transportfahrt an Sonn- oder Feiertagen durchgeführt werden müssen, ist bislang nicht obergerichtlich entschieden worden.
III.
Der zulässigen Rechtsbeschwerde bleibt der Erfolg versagt.
Die Fahrer der Verfallsbe...