Leitsatz (amtlich)
1. Die Androhung nach § 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB muss den Hinweis enthalten, dass der Darlehensgeber bei Nichtzahlung innerhalb der Frist vom Darlehensnehmer die gesamte Restschuld verlangen wird.
2. Die bloße Androhung der Kündigung für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung genügt nicht und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Normenkette
BGB § 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 3 O 370/04) |
Tenor
Der Beschluss des LG wird wie folgt geändert:
1. Die Antragsgegnerin wird mit sofortiger Wirkung dazu verpflichtet, die Abtretungsanzeige vom 6.9.2004 ggü. dem ..., zurückzunehmen und dieses dem ... unverzüglich anzuzeigen.
2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 500.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten dieses Verfahrens nach einem Wert von bis zu 7.000 EUR zu tragen.
Gründe
I. Im März 2002 schlossen die Antragstellerin und die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin einen Darlehensvertrag. Der Kredit wurde besichert durch eine Abtretung eines Teils der laufenden Bezüge der Antragstellerin. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten bot die Antragstellerin der Antragsgegnerin eine auf drei Monate befristete Reduzierung der Darlehensraten an. Die Antragsgegnerin antwortet darauf mit Schreiben vom 13.8.2004, in dem ein rückständiger Betrag von insgesamt 551 EUR eingefordert wird und es weiter heißt: "Zahlen Sie bitte diesen Gesamtbetrag innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens. Sollte der Betrag nicht fristgerecht gezahlt werden, sehen wir uns gezwungen, den Vertrag zu kündigen. Dadurch werden weitere Unannehmlichkeiten und Kosten für Sie entstehen, die Sie bei fristgerechter Zahlung vermeiden können." Mit weiterem Schreiben vom 26.9.2004 kündigte die Antragsgegnerin den Vertrag und forderte die Antragstellerin zur Zahlung von insgesamt 7.994,77 EUR auf. Die Abtretung zeigte sie dem Arbeitgeber der Antragstellerin an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das LG mit Beschl. v. 29.9. zurückgewiesen. Ein Verfügungsanspruch sei nicht gegeben. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 13.8.2004 werde den Anforderungen des § 498 Abs. 1 BGB gerecht. Die offene Restschuld müsse nicht angegeben werden. In dem Schreiben habe auch nicht ausdrücklich die Erklärung enthalten sein müssen, dass im Falle der Nichtzahlung innerhalb der gesetzten Frist die gesamte Restschuld verlangt werde; die Wiederholung des Gesetzeswortlauts sei nicht zwingend geboten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 8.10.2004, der das LG nicht abgeholfen hat.
Der vor dem LG nicht am Verfahren beteiligten Antragsgegnerin hat der Senat rechtliches Gehör gewährt. Eine Stellungnahme ist hier nicht eingegangen.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, § 567 Abs. 1 ZPO. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
1. Entgegen der Annahme des LG bejaht der Senat einen Verfügungsanspruch der Antragstellerin.
a) Ob die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 13.8.2004 die noch offene Restschuld angeben musste (§ 498 Abs. 2 BGB n.F.), kann dahingestellt bleiben. Die Frage war bereits für § 12 Abs. 2 VerbrKrG strittig (OLG Düsseldorf v. 17.1.1995 - 24 U 81/94, WM 1995, 1530 [1532] einerseits; Staudinger/Kessal/Wulf, BGB, 13. Aufl., § 12 VerbrKrG Rz. 18 andererseits). Der Senat neigt der Auffassung zu, dass auch unter Verbraucherschutzgesichtspunkten keine Notwendigkeit erkennbar ist, dem Kreditgeber bereits dann eine unter Umständen komplizierte Berechnung der Restschuld aufzuerlegen, obwohl möglicherweise auf Grund des Abmahnschreibens oder aus anderem Grund es zur Kündigung letztlich gar nicht kommt.
b) Die Kündigung der Antragsgegnerin ist aber unwirksam, weil das der Kündigung vorausgehende Schreiben vom 13.8.2004 im Hinblick auf die Vorgaben des § 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB n.F. nicht ausreichend klar gefasst ist. Es heißt dort, dass wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers der Darlehensgeber den Verbraucherdarlehensvertrag bei einem Teilzahlungsdarlehen nur kündigen darf, wenn der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags mit der Erklärung gesetzt hat, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlange. Davon, dass die Antragsgegnerin bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlangen werde, ist in dem genannten Schreiben vom 13.8.2004 aber nicht die Rede. Es heißt dort lediglich, dass die Antragsgegnerin sich im Falle der nicht fristgerechten Zahlung gezwungen sehe, den Vertrag zu kündigen. Für einen Juristen mag damit ohne weiteres feststehen, dass die Kündigung die Pflicht zur Zahlung der gesamten Restschuld zur Folge hat. Zum Schutze des Verbrauchers aber hat der Gesetzgeber dem Darlehensgeber zur Pflicht ...