Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Höhe der Gebührenansprüche des Nebenklagevertreters bei Revision des Angeklagten
Leitsatz (amtlich)
Wird die von einem Angeklagten eingelegte Revision mit der Sachrüge begründet und wird eine materiell-rechtliche Prüfung durch den Nebenklägervertreter notwendig, so ist bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr für den Nebenklägervertreter nach Nr. 4130 VV-RVG die Festsetzung einer Mittelgebühr nicht unbillig i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.
Normenkette
RVG § 14 Abs. 1 S. 4; RVG-VV Nr. 4130; ZPO § 91 Abs. 2; StPO § 464b
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Entscheidung vom 06.03.2020; Aktenzeichen 31 KLs 3/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Lüneburg vom 06.03.2020 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die hierbei der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I.
Mit Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 09.03.2016 wurde der Angeklagte wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung mit einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten belegt. Das Urteil ist seit dem 09.08.2016 rechtskräftig
Entsprechend der Kostengrundentscheidung dieses Urteils stellte der Nebenklägervertreter am 23.08.2019 einen Kostenfestsetzungsantrag und beantragte, gemäß § 464b StPO die Gebühren des Beistands der Nebenklägerin gegenüber dem Angeklagten wie folgt festzusetzen:
Vorgerichtliches Verfahren: |
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Grundgebühr Nr. 4100 VV |
240,00 € |
Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV |
192,00 € |
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV |
20,00 € |
Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV |
40,00 € |
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Gerichtliches Verfahren: |
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Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV |
222,00 € |
Terminsgebühr 05.02.16 Nr. 4114 VV |
384,00 € |
Fahrtkosten Nr. 7004 VV (05.02.16; 2x21 km) |
12,60 € |
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV (05.02.16; b. 4h) |
25,00 € |
Parkgebühren (05.02.16) |
3,19 € |
Fahrtkosten Nr. 7004 VV (12.02.16; 2x 25km) |
15,00 € |
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV (24.02.16; b. 4h) |
25,00 € |
Terminsgebühr (09.03.16) Nr. 4114 VV |
384,00 € |
Zusatzgebühr Nr. 4116 VV |
128,00 € |
Fahrtkosten Nr. 7004 VV (09.03.16; 2x21 km) |
12,60 € |
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV (09.03.16; 4-8h) |
40,00 € |
Parkgebühren (09.03.16) |
6,55 € |
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV |
20,00 € |
Zwischensumme: |
2.577,94 € |
Mwst. (19%) Nr. 7008 VV |
489,81 € |
Zwischensumme I. |
3.067,75 € |
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Revisionsverfahren: |
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Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV |
738,00 € |
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV |
20,00 € |
Zwischensumme |
758,00 € |
Mwst. (19%) Nr. 7008 VV |
144,02 € |
Zwischensumme II. |
902,02 € |
Gesamtsumme |
3.969,77 € |
Abzgl. Zahlung des beigeordneten Anwalts |
-2.813,09 € |
Endsumme: |
1.156,68 € |
Durch Schriftsatz vom 30.01.2020 beantragte der Verteidiger, den Kostenfestsetzungsantrag vom 23.08.2019 als unzulässig zu verwerfen oder aber zumindest hilfsweise auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 23.08.2019 keine weitere Vergütung festzusetzen. Er machte dabei geltend, dass der Nebenklägervertreter die Gebühren im eigenen Namen geltend gemacht, jedoch selbst keinen eigenen Festsetzungsanspruch habe. Vorsorglich wurde noch vorgetragen, dass Fahrtkosten/Abwesenheitsgeld/Parkgebühren nicht erstattungsfähig seien. Ebenso komme eine Erhöhung der Verfahrensgebühren der ersten Instanz um 20 % nicht in Betracht. Auch die geltend gemachten Terminsgebühren seien überhöht. Im Revisionsverfahren sei nur die Mindestgebühr festzusetzen.
Der Nebenklägervertreter begründete daraufhin seinen Kostenfestsetzungsantrag ausführlich. Insbesondere führte er zu der Frage aus, warum eine Erhöhung der Gebührensätze um mindestens 20 % angemessen sei. Das Verfahren sei schwierig und insbesondere für das Opfer äußerst bedeutsam gewesen. Es hätten eine Auseinandersetzung mit ärztlichen und fachärztlichen Gutachten, die rechtliche Bewertung des Sachverhalts sowie mehrere Besprechungstermine mit der Nebenklägerin stattfinden müssen. Hinsichtlich der rechtlichen Probleme führt der Nebenklagebeistand dazu über zwei Seiten aus, um sodann ebenfalls zwei Seiten lang die Folgen der Tat für die Geschädigte darzustellen.
Durch Schriftsatz vom 06.02.2020 und 03.03.2020 beharrte der Verteidiger auf der Unzulässigkeit des Antrags und erhob überdies die Einrede der Verjährung.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Lüneburg vom 06.03.2020 erfolgte eine Festsetzung der zu erstattenden notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auf 1.004,36 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2019.
Die Rechtspflegerin berücksichtigte dabei die Einwendungen des Angeklagten teilweise.
Sie ging zunächst davon aus, dass der Antrag des Nebenklägervertreters im Namen der Nebenklägerin gestellt und somit zulässig sei.
Auch die Einrede der Verjährung könne nicht durchdringen. Beendet worden sei das Verfahren durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 09.08.2016. Kostenerstattungsansprüche würden gemäß § 197 Abs. 1 Nummer 3 BGB in 30 Jahren, somit erst mit Ablauf des Jahres 2046 verjähren. Selbst der Tatbestand der Verwirkung gemäß § 242 BGB se...