Entscheidungsstichwort (Thema)

Ladungssicherung. Aufsichtspflichtverletzung. einer Verkehrsordnungswidrigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Pflicht zur verkehrssicheren Verladung trifft neben dem Fahrer und dem Halter des Fahrzeuges auch den Versender der zu transportierenden Gegenstände.

 

Normenkette

StVO § 22; OWiG § 130

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen mit der Maßgabe verworfen, dass

  1. der Betroffene wegen fahrlässigen Unterlassens einer Aufsichtsmaßnahme, die erforderlich ist, um in einem Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber des Unternehmens treffen, zu einer Geldbuße von 50 EUR verurteilt wird,
  2. die Liste der angewendeten Vorschriften lautet: §§ 9,130 OWiG, 22 Abs. 1 StVO, 24 StVG, 1 BKatV i. V. mit Nr. 120.1 BKat.
 

Tatbestand

I.

Der Betroffene ist Geschäftsführer der H.E.S. H. Elektrostahlwerke GmbH und dort für den Bereich der Ladungssicherung zuständig. Die betriebliche Organisation der H.E.S. H. Elektrostahlwerke GmbH sieht kein Personal für die Überprüfung der Verladetätigkeit von Mitarbeitern der Speditionen vor, durch die die GmbH ihre Waren transportieren lässt.

Am 12. Juli 2005 wurde ein Lkw der Spedition H. bei der H.E.S. H. Elektrostahlwerke GmbH mit Stahlteilen beladen. Die Sicherung der Stahlteile auf dem Lkw war unzulänglich. Die über 24 t schweren Stahlteile waren formschlüssig zur Stirnwand verladen, wobei diese Stirnwand nicht in der Lage war, 60 % des Ladungsgewichts zu halten. Die auf Kanthölzern abgelegte Ladung war lediglich mit sechs Zurrgurten festgezurrt, die Weiterfahrt nach einer Polizeikontrolle wurde nur nach Anlage von 12 weiteren Zurrgurten gestattet. Antirutschmatten wurden nicht verwendet. Die vorhandene Sicherung reichte nicht aus, um die Stirnwand des Lkw ausreichend zu entlasten.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen deshalb wegen fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs trotz wesentlich beeinträchtigter Verkehrssicherheit durch die Sicherung der Ladung zu einer Geldbuße von 75 EUR verurteilt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er meint, für die Ladung eines Fahrzeuges seien nur dessen Fahrer und der Halter verantwortlich. Ob die Pflicht zur sicheren Verladung aus § 22 StVO daneben weitere Personen treffe, sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt und werde in der Kommentarliteratur unterschiedlich beantwortet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen und die zugelassene Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zugelassene Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die Pflicht zur Sicherung der Ladung eines Kraftfahrzeuges gem. § 22 StVO trifft neben den Fahrer und den Halter auch jede andere für die Ladung eines Fahrzeuges verantwortliche Person. Dies hat bereits das OLG Stuttgart (Beschluss vom 27.12.1982, VRS 64, 308, 309) im Falle eines Leiters von Ladearbeiten zutreffend entschieden (zustimmend Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 22 Rdnr. 27; ablehnend – ohne Begründung – Jagow in: Janiszewski u. a., Straßenverkehrsrecht, 19. Aufl., § 22 Rdnr. 3). Für dieses Ergebnis spricht bereits die Systematik der Vorschrift. Während andere Normen der StVO eine Verantwortlichkeit an bestimmte Funktionen knüpfen – so richtet sich etwa § 23 StVO ausdrücklich an den Fahrzeugführer und verpflichtet ihn u. a. zur Sorge für die Ladung des Fahrzeuges (dazu auch OLG Stuttgart a. a. O.) –, lässt § 22 StVO den Adressatenkreis offen. Daraus folgt, dass die Verpflichtung aus § 22 StVO alle Personen trifft, die mit dem Ladevorgang befasst sind. Dazu gehört auch der Versender des Ladegutes.

Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom 14.11.1962, VRS 24, 300, 302) hat im Hinblick auf § 19 der vormaligen Fassung der Straßenverkehrsordnung, der ebenfalls die Sicherung der Ladung eines Fahrzeuges betraf, ausgeführt, jene Vorschrift richte sich mangels einer einschränkenden Bestimmung des Adressatenkreises als Verhaltensnorm nicht nur an den Führer und den Halter eines Fahrzeuges, sondern an jeden, der für die ordnungsgemäße Verstauung der Ladung verantwortlich ist. In Kenntnis dieser Rechtsprechung hat der Verordnungsgesetzgeber bei der Neufassung der Straßenverkehrsordnung im Jahre 1970 auch in § 22 StVO keine einschränkende Bestimmung des verantwortlichen Personenkreises aufgenommen. Daraus folgt, dass die mit dem Ladevorgang verbundenen Pflichten weiterhin jede der daran beteiligten Personen treffen sollte.

Dies entspricht auch dem Schutzzweck von § 22 StVO. Die Norm schützt andere Verkehrsteilnehmer sowie weitere Personen und Gegenstände, die durch die Beförderung der Ladung gefährdet, verletzt oder beschädigt werden können (vgl.

Hentschel a. a. O. § 22 Rdnr. 12). Ein wirksamer Schutz durch sichere Verladung hängt aber weitgehend von den Eigenscha...

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