Rettungsgasse auf Autobahn: Keine Bedenkzeit für Autofahrer
Der Verkehr auf einer dreispurigen Autobahn war, bedingt durch eine Baustelle, ins Stocken geraten und teilweise zum Erliegen gekommen. Die Fahrer der mittleren Fahrspur hielten sich fast alle ganz rechts, die der linken Spur ganz links, um so eine Rettungsgasse zu bilden. Ein Fahrer hielt sich nicht an dieses Manöver und fuhr am linken Rand der mittleren Spur und schloss somit die von den anderen gebildete Rettungsgasse.
230 Euro Geldbuße für Autofahrer, der keine Rettungsgasse gebildet hatte
Das Amtsgericht Vechta hatte den betroffenen Autofahrer wegen fahrlässigen Nichtbildens einer Rettungsgasse zu einer Geldbuße von 230 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil wandte sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde. Er hielt es für klärungsbedürftig, ab welchem Zeitpunkt des Stillstandes oder des nur in Schrittgeschwindigkeit fließenden Verkehrs eine Rettungsgasse gebildet werden muss.
Nach der Einschätzung des OLG Oldenburg ist der Wortlaut des § 11 Abs. 2 StVO eindeutig:
„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung in Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußersten linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“
„Sobald“ ist das entscheidende Wort – keine Überlegungsfrist für Autofahrer
Das Wort „sobald“ bedeute laut Duden: „in dem Augenblick“, da beziehungsweise „gleich wenn“. Durch die Wortwahl werde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es keine Überlegungsfrist für die betroffenen Verkehrsteilnehmer gebe. Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse greife vielmehr sofort, nachdem die in § 11 Abs. 2 StVO beschriebene Verkehrssituation eingetreten sei.
Dies gelte umso mehr, da der betroffene Autofahrer aufgrund des Stop-and-Go-Verkehrs damit rechnen musste, dass die Phasen des Stillstandes auch länger anhalten könnten.
Es darf nicht dazu kommen, dass zeitaufwändiges Rangieren notwendig wird
Würde man einem Fahrzeugführer in einer Situation, in der der vor ihm befindliche Verkehr zum Erliegen gekommen ist, eine Überlegungsfrist zubilligen, während der er noch die Rettungsgasse blockieren dürfte, hätte dies zur Konsequenz, dass er nach Erkennen der Verkehrssituation und Ablauf einer Überlegungsfrist erst noch zeitaufwändig rangieren müsste, um die Rettungsgasse freizugeben.
(OLG Oldenburg, Beschluss v. 20.9.2022, 2 Ss(OWi) 137/22)
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