Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des Sachverständigen für Stellungnahme im Ablehnungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Sachverständige erhält für eine Stellungnahme zu einem gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrag einer Partei keine Vergütung.
Normenkette
JVEG § 8; ZPO §§ 406, 413
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Beschluss vom 09.06.2012; Aktenzeichen 2 O 4/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 9.6.2012 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 31.5.2012 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Gründe
I. Die gem. § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde des Sachverständigen ist nicht begründet. Mit Recht hat das LG die vom Sachverständigen für seine Stellungnahme vom 25.2.2012 zu dem Befangenheitsgesuch des Klägers mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 3.2.2012 beantragte Vergütung versagt, weil eine solche Stellungnahme grundsätzlich nicht zu vergüten ist.
1. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Sachverständiger für eine Stellungnahme zum Ablehnungsantrag einer Partei eine Entschädigung erhält. Während die wohl herrschende Meinung dem Sachverständigen für seinen Aufwand einer solchen Stellungnahme grundsätzlich keine Vergütung zubilligt (OLG München MDR 1994, 1050; OLG Düsseldorf MDR 1994, 1050; OLG Köln, VersR 1995, 1508; OLG Koblenz MDR 2000, 416; KG MDR 2010, 719; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., Rz. 12a zu § 406 und 1 zu § 413; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., Rz. 12 zu § JVEG; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl., Rz. 8.39 zu § 8), wird mit unterschiedlichen Begründungen und unter unterschiedlichen Voraussetzungen auch vertreten, dass dem Sachverständigen dafür eine Entschädigung zustehen kann (OLG Frankfurt, MDR 1993, 474; OLG Stuttgart MDR 2007, 1456; LSG Chemnitz, Beschl. v. 19.12.2007 - L 2 U 77/06 -, juris; LSG Stuttgart, Beschl. v. 17.2.2004 - L 12 RA 1624/03 KO-A-, juris; Musielak-Huber, ZPO, 8. Aufl., Rz. 1 zu § 413). Der Senat erachtet die erstgenannte Auffassung für richtig.
2. Der Sachverständige kann gem. § 413 ZPO eine Vergütung nur nach Maßgabe der Vorschriften des JVEG verlangen. Nach § 8 JVEG erhält der Sachverständige eine Vergütung für seine Leistung (§§ 9 und 10 JVEG), Ersatz von Fahrtkosten (§ 5 JVEG) und für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG) und eine Aufwandsentschädigung (§ 6 JVEG). Nach all diesen Vergütungstatbeständen, die eine abschließende Regelung enthalten, ist eine Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesucht nicht zu vergüten.
a. Eine Vergütung für seine Leistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i.V.m. §§ 9 bis 11 JVEG kann der Sachverständige (entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt, a.a.O., das einen Vergütungsanspruch ohne weitere Voraussetzungen annimmt) nicht verlangen, weil seine Stellungnahme keine Leistung im Sinne des JVEG ist. Gemeint ist damit seine Leistung als Sachverständiger, mithin der besondere Sachverstand, auf dem die erbrachte Leistung gründet. Das zeigt sich bereits in der Struktur der Vorschrift des § 9 JVEG, der die Höhe der Vergütung von einer Zuordnung gerade dieser Leistung (nicht der grundsätzlichen Qualifikation des Sachverständigen) zu einer nach Sachgebieten zu bestimmenden Honorargruppe abhängig macht. Umgekehrt formuliert bedeutet das, dass eine Leistung im Sinne der Vorschrift nur das ist, was auf einem bestimmten Sachgebiet erbracht wird (so auch ausdrücklich der Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG:
"... wird die Leistung auf einem Sachgebiet erbracht ...").
Die Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch ist aber gerade keine auf irgendeinem Sachgebiet erbrachte Leistung, sie setzt nicht den für die Erstellung des Gutachtens gebotenen Sachverstand voraus. Dass es bei der Leistung mithin nur um das Gutachten in der Sache gehen kann, belegt auch gerade die Überschrift der ersten Spalte der Tabelle zu den Honorargruppen M 1 bis M 3 in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Diese Spalte, in der die jeweiligen Tatbestände für die Zuordnung zu einer der Honorargruppen M 1 bis M 3 geregelt sind, ist mit
"Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten"
überschrieben. Diese - und nur diese - sind Leistungen, die einer Honorargruppe zugeordnet werden können. Eine Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch ist aber weder ein medizinisches noch ein und psychologisches Gutachten.
b. Auch die systematische Stellung des Sachverständigen im prozessualen Gefüge spricht gegen eine Vergütung. Zutreffend weist das OLG Düsseldorf (a.a.O.) darauf hin, dass die entschädigungspflichtigen Aufgaben des Sachverständigen ungeachtet ihres Umfangs nicht die Tätigkeiten des Sachverständigen umfassen, die das rechtliche Grundverhältnis zwischen ihm einerseits sowie Gericht, Landeskasse und Parteien andererseits betreffen. Nach der gesetzlichen Regelung in den §§ 42, 406 ZPO ist das Risiko des Sachverständigen, von einer Partei als befangen abgelehnt zu werden, untrennbar mit seiner forensischen Tätigkeit ver...