Leitsatz (amtlich)
1. Die ggü. dem Prozessbevollmächtigten einer Partei ausgesprochene Androhung, ihn des Saales zu verweisen, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen.
2. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss, der den Antrag auf Ablehnung eines Richters zurückgewiesen hat, wird - mangels Rechtsschutzbedürfnisses - unzulässig, wenn der Richter wegen Ausscheidens aus dem Spruchkörper an dem Verfahren nicht mehr mitwirkt.
3. Die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss, der den Antrag auf Ablehnung eines Richters zurückgewiesen hat, kann für erledigt erklärt werden. Im Falle der einseitigen oder übereinstimmenden Erledigung sind Gerichtskosten nicht zu erheben; im Übrigen richtet sich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Normenkette
ZPO §§ 42, 91a, 567
Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 17.08.2010; Aktenzeichen 2 OH 24/07) |
Tenor
Für das Verfahren über die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 vom 30.8.2010 gegen den ihr Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 17.8.2010 werden Gerichtsgebühren nicht erhoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Rechtsstreits.
Gründe
Der Senat hat entschieden, ohne dass das Abhilfeverfahren durchgeführt worden ist (I.). Aufgrund des Schriftsatzes der Antragsgegnerin zu 2 vom 11.10.2010 war über die sofortige Beschwerde vom 30.8.2010 nicht mehr zu entscheiden, weil diese wirksam für erledigt erklärt worden ist. Deshalb musste eine Entscheidung über die Behandlung der Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Maßgabe des § 91a ZPO getroffen werden, was zur tenorierten Entscheidung führt. Sie ist gerechtfertigt, weil die sofortige Beschwerde zulässig und begründet war und durch ein späteres Ereignis - nämlich das Ausscheiden des abgelehnten Richters aus dem Spruchkörper - unzulässig geworden ist (II.).
I. Der Senat konnte entscheiden, obwohl das LG von einer Abhilfeentscheidung ausdrücklich abgesehen hat. Zwar ist die Entscheidung über die Abhilfe nach § 572 Abs. 1 ZPO grundsätzlich Bestandteil des Beschwerdeverfahrens; sie steht nicht im Ermessen des Gerichts. Das Abhilfeverfahren ist aber keine Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung durch das Beschwerdegericht (Senatsentscheidung vom 3.1.2008 - 9 W 138/07 -, OLGR 2008, 216; s. a. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 572 Rz. 11).
II. Die Antragsgegnerin zu 2 begehrt (nur noch) eine Entscheidung über die Verfahrenskosten; sie hat das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt; der Erklärung hat sich die Antragstellerin nicht angeschlossen. Der Antrag ist zulässig (1.) und in der Sache insofern begründet, als die Antragsgegnerin zu 2 nicht mit Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt (2.).
1. Mit der überwiegenden Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur (BGH NJW 2001, 1007; zum Beschwerdeverfahren bei Richterablehnung OLG Rostock NJW-RR 2007, 429, 430 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 46 Rz. 20; Stollenwerk, NJW 2007, 3751, 3753r. Sp.) befürwortet der Senat die Möglichkeit, auch ein Rechtsmittel in einer Ablehnungssache für erledigt zu erklären, so dass auch in einem solchen Verfahren eine Entscheidung entsprechend § 91a ZPO zu ergehen hat. Dies gilt bei übereinstimmender, aber auch bei einseitiger Erledigung des Beschwerdeverfahrens (insbesondere zu letzterem OLG Rostock, a.a.O.; zustimmend Stollenwerk, a.a.O., S. 3754r. Sp.). Auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens über eine Richterablehnung können Gegenstand einer Kostenentscheidung sein (BGH NJW 2005, 2233, 2234r. Sp.; OLG Düsseldorf MDR 2009, 955, 956), wobei für deren Inhalt nach der Wertung des § 91a ZPO der voraussichtliche Erfolg des Rechtsmittels maßgeblich ist.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 war zulässig und begründet - a); sie ist durch einen späteren Umstand unzulässig geworden - b) -, so dass Gerichtskosten nicht zu erheben waren und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind - c) -.
a) Unter Zugrundelegung des bisherigen Sach- und Streitstands war die sofortige Beschwerde zulässig und begründet. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der angefochtene Beschluss bereits unter formellen Gesichtspunkten fehlerhaft war. Das LG hat allerdings über den Ablehnungsantrag der Antragsgegnerin zu 2 bereits vor Ablauf der dieser gesetzten Stellungnahmefrist entschieden. Das war verfahrensfehlerhaft. Wenn ein Gericht einem Beteiligten eine Frist zur Äußerung einräumt, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es vor Ablauf der Äußerungsfrist entscheidet (OLG Celle OLGReport Celle 1994, 109). Das LG durfte auch nicht davon ausgehen, das Vorbringen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11.8.2010 sei abschließend. Die Antragsgegnerin zu 2 hat nämlich in diesem Schriftsatz ausdrücklich angekündigt, durch einen weiteren Schriftsatz innerhalb der Frist abschließend Stellung zu nehmen. Indem das LG ihr diese Möglichkeit durch seine Entscheidung abgeschnitten hat, hat es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör v...