Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 09.09.2013; Aktenzeichen 629 F 4045/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 9. (nicht 4.) September 2013 geändert und der Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 4.800,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Auf Antrag der Ehefrau wurde die im Mai 2011 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute auf die mündliche Verhandlung vom 9. (nicht 4.) September 2013 durch Beschluss des AG geschieden. Im Ehescheidungsbeschluss vom 9.9.2013 hat das AG aufgrund Ehezeit unter drei Jahren und in Ermangelung eines Antrags auf Durchführung des Versorgungsausgleichs festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Nach Angabe der Antragstellerin bereits in der Antragsschrift bestanden insgesamt vier grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrechte.
Mit Beschluss vom 9. (nicht 4.) September 2013 hat das AG den Verfahrenswert für die Ehescheidung auf 12.000,00 EUR, für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen die Festsetzung betreffend die Folgesache Versorgungsausgleich richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, die hierfür einen höheren Verfahrenswert, den sie in der Antragsschrift auf 4.800 EUR errechnet hatte, begehrt. Die Verfahrensbevollmächtigte verweist dabei unter anderem auf die Rechtsprechung des Senats und die notwendige materielle Prüfung seitens des Familiengerichts auch für den Fall, dass ein Versorgungsausgleich nicht zur Durchführung gelangt.
Das AG verweist in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 22.10.2013 auf die seiner Meinung nach herrschende Auffassung, wonach in Fällen wie dem vorliegenden, in denen keine Auskünfte eingeholt werden, eine Festsetzung des (regulären) Verfahrenswerts nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG unbillig sei, so dass nur der Mindestwert von 1.000 EUR nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG in Ansatz zu bringen sei.
II. Die gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat hält hierzu an seiner in den Beschlüssen vom 25.5.2010 - 10 WF 347/09 (FamRZ 2010, 2103 = AGS 2010, 397 = juris) und vom 3.2.2010 - 10 WF 380/09 - näher begründeten Rechtsauffassung fest, wonach in Fällen, in denen gemäß § 3 Abs. 3 VersAusglG kein Versorgungsausgleich stattfindet, nicht grundsätzlich nur der Mindestwert nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG festzusetzen ist.
Auch für den Fall, dass ein Versorgungsausgleicht aufgrund kurzer Ehezeit nicht stattfindet, ist eine materielle Prüfung seitens des Familiengerichts - und im Übrigen auch der jeweiligen Beteiligtenvertreter - erforderlich. Damit ist § 50 Abs. 1 FamGKG auch in derartigen Fällen anzuwenden (Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 596 m.w.N.).
Lediglich aufgrund von Billigkeitserwägungen kann gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG eine abweichende Festsetzung erfolgen, die jedoch 1.000,00 EUR nicht unterschreiten darf.
Entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Senats ist in den Fällen des § 3 Abs. 3 und des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG nicht generell der Mindestwert anzusetzen. Ausgehend von der gesetzlichen Systematik ist vielmehr der Regelfall die Festsetzung nach § 50 Abs. 1 FamGKG.
Die gegenteilige Auffassung des OLG Frankfurt (Beschluss vom 28.1.2011 - 5 WF 16/11 - juris) überzeugt demgegenüber nicht: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages die Formulierung in der Regierungsvorlage "für jedes auszugleichende Anrecht" geändert wurde in "für jedes Anrecht" (Beschluss vom 13.09.2010 - 16 WF 205/10 - FamRZ 2011, 135 = juris). Damit sollte klargestellt werden, dass jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist, und zwar auch dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich des Anrechts kommt (BT-Drs. 16/11903, S. 61; so inzwischen auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.9.2013 - 5 WF 66/13 - juris). § 50 Abs. 3 FamGKG ist eine restriktiv zu handhabende Ausnahmevorschrift (OLG München, Beschluss vom 25.4.2012 - 30 WF 562/12 - FamRZ 2012, 1973). Eine Herabsetzung des Verfahrenswertes kommt somit nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich nur dann, wenn der regelrecht ermittelte Wert in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang, zur Schwierigkeit und zur Bedeutung der Sache mehr steht (OLG Naumburg, Beschluss vom 13.6.2013 - 3 WF 139/13 - juris).
Unabhängig davon, dass vorliegend schon Ausführungen des AG zur Frage der Billigkeit einer niedrigeren Festsetzung fehlen, sind derartige schwerwiegende und eine Ausnahme rechtfertigende Gründe auch weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Antragstellerin selbst hat vielmehr in der Antragsschrift nicht nur zur Anzahl der potentiell auszugleichenden Anwartschaften vorgetragen, sondern auch entsprechend des von ihr auch rechnerisch zutreffend ermittelten Verfah...