Verfahrensgang
AG Hameln (Beschluss vom 10.07.2015; Aktenzeichen 16 F 25/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der die bewilligte Verfahrenskostenhilfe ändernde Beschluss des AG Hameln vom 10.7.2015 aufgehoben.
Gründe
I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG den Beschluss vom 3.4.2013, mit dem der Antragsgegnerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, geändert und angeordnet, dass sie eine Zahlung auf die Verfahrenskosten in Höhe von 833,24 EUR zu leisten hat. Die Zahlungen seien aus ihrem Vermögen zu erbringen, denn sie verfüge über zwei Lebensversicherungen. Die Differenz aus den Schonbeträgen für sie und ihr Kind und den Rückkaufswerten der Versicherungen betrage 675,90 EUR, mit deren Hilfe ein Großteil der Verfahrenskosten bezahlt werden könne. Der Einsatz des Vermögens sei der Antragsgegnerin auch zumutbar.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Antragsgegnerin die Unzumutbarkeit des Vermögenseinsatzes geltend.
II. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Einsatz der Lebensversicherungen zur Begleichung der Verfahrenskosten ist für die Antragsgegnerin unzumutbar.
1. Grundsätzlich zutreffend weist das AG darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich das gesamte Vermögen einschließlich nicht zweckgebundener Kapitallebensversicherungen für die Verfahrenskosten einzusetzen ist (vgl. nur FamRZ 2010, 1643 m.w.N.). Die Antragsgegnerin hat zwei Lebensversicherungen, deren Rückkaufswerte insgesamt rund 3.562 EUR betragen (P. AG, Stichtag 27.05.2015: 2.967,90 EUR und A. Lebensversicherungs-AG, Stichtag 01. 09.2015: 594,28 EUR) und über den Schonbetrag von 2.856 EUR (Antragsgegnerin und Kind) mit einem Betrag von 706 EUR hinausgehen.
Das Vermögen ist jedoch nicht für die Verfahrenskosten einzusetzen, wenn der Vermögenseinsatz für die Partei eine unzumutbare Härte bedeuten würde (§ 90 Abs. 3 SGB XII). Eine solche Härte, deren Darlegung der Partei obliegt, kann sich entweder aus der Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ergeben oder daraus, dass der Vermögenseinsatz die Aufrechterhaltung einer angemessenen Altersversorgung wesentlich erschweren würde.
2. Beide Voraussetzungen sind entgegen der Rechtsauffassung des AG erfüllt.
a) Der Rückkauf der Lebensversicherungen ist ersichtlich unwirtschaftlich. Die Rückkaufswertmitteilung vom 27.5.2015 belegt hinsichtlich der Versicherung bei der P. AG, dass der Rückkaufswert (noch) hinter dem Fondsvermögen zurückbleibt, weil die Abschlusskosten im Verlauf der ersten Vertragsjahre durch Entnahmen aus den bezahlten Prämien finanziert werden. Noch deutlicher zeigt sich die derzeitige Unwirtschaftlichkeit der Verwertung aus der Auskunft der A. Lebensversicherungs-AG, bei der der Rückkaufswert zum 30.9.2015 rund 600 EUR beträgt, die eingezahlten Beträge sich jedoch auf gut 1.400 EUR belaufen. Allein bei Verwertung dieser Versicherung ginge der Antragsgegnerin ein Wert von 800 EUR verloren, ungefähr der Betrag, den die Verfahrenskosten ausmachen.
b) Unbeschadet dessen würde die Verwertung der Lebensversicherung durch Rückkauf auch eine angemessene Altersversorgung der Antragsgegnerin wesentlich erschweren. Eine solche Vermutung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann gerechtfertigt, wenn kumulativ feststellbar ist, dass die Lebensversicherung der Versorgung im Alter dient und die Partei ohne die Versicherung voraussichtlich sozialleistungsbedürftig werden wird (vgl. BGH aaO, Rn. 30 - 33).
Für die Feststellung, dass die Lebensversicherung der Alterssicherung dienen soll, kommt es wesentlich darauf an, ob die Versicherungssumme nach der vertraglichen Gestaltung, etwa durch den Fälligkeitszeitpunkt, eine vertraglich festgeschriebene Zweckbindung oder durch sonstige Vereinbarungen ausschließlich und eindeutig der Alterssicherung zuzuordnen ist. Davon ist vorliegend auszugehen. Die Antragsgegnerin trägt glaubhaft vor, dass die Lebensversicherung bei der P. AG ihrer Altersversorgung dienen soll. Aus dem Vertrag über die Lebensversicherung bei der A. Lebensversicherungs-AG lässt sich der Garantiezeitpunkt bzw. der früheste Rentenbeginn auf März 2041 bestimmen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Antragsgegnerin 67 Jahre alt. Eine Gesamtschau der Umstände zeigt, dass die Versicherungen in der Tat die Versorgung im Alter sicherstellen und nicht etwa Konsum finanzieren sollten oder noch sollen.
Die Prognose, dass ohne die Lebensversicherung die Sozialhilfebedürftigkeit im Alter droht, ist angesichts des Alters der heute 41-jährigen Antragsgegnerin im Hinblick auf die noch lange Zeit bis zum Renteneintritt naturgemäß schwierig. Dies kann jedoch nicht dazu führen, solchen Parteien regelmäßig die Verwertung von Lebensversicherungen zuzumuten. Eine derart schematische Handhabung liefe im Vergleich zu lebensälteren Parteien auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung hinaus. Stattdessen ist eine Einschätzung des Einzelfalls notwendig, die hier letztendlich auf eine Fortschreibung der bisherigen Entwickl...