Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 6 O 87/20)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.545,61 EUR festzusetzen.

II. Es wird erwogen, die Berufung des Klägers gegen das am 16.09.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

III. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 14.01.2022 gegeben.

 

Gründe

I. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im vorliegenden Fall ist unter keinem der vorgenannten Gesichtspunkte eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts veranlasst. Im Einzelnen:

1. Das Landgericht hat den Kläger nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es zur klägerischen Behauptung, der unstreitige Vorschaden am Pkw des Klägers sei ordnungsgemäß und vollständig repariert worden, keine Beweisaufnahme durchgeführt hat. Mit Recht hat das Landgericht entgegen der Berufung hierzu weder den Voreigentümer - den Sohn des Klägers - vernommen noch ein Sachverständigengutachten eingeholt, weil der Vortrag des Klägers zur Schadenshöhe mangels Darlegung des konkreten Reparaturweges des Vorschadens unschlüssig ist und sich daher eine Beweisaufnahme als unzulässige Ausforschung dargestellt hätte. Damit war für das Landgericht eine Schadensschätzung letztlich nicht möglich.

a) Im Falle einer teilweisen Überschneidung der geltend gemachten Schäden mit Vorschäden kann ohne detaillierte Kenntnis über den Umfang des Vorschadens und der erfolgten Reparaturen der maßgebliche Wiederbeschaffungswert nicht bestimmt werden. Selbst dann, wenn - wie hier - der Vorschaden einen anderen Fahrzeugbereich als der neue Schaden betrifft, lässt sich ohne substantiierte Angaben zum Vorschaden und zur Reparatur ein erstattungsfähiger Schaden nicht feststellen, da der Wiederbeschaffungswert auch dann nicht bestimmbar ist, denn ein Vorschaden ist grundsätzlich wertbeeinflussend. Da der Schädiger gem. § 249 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB nur die erforderlichen Kosten für die Wiederherstellung des vor dem Unfallereignis bestehenden Fahrzeugzustandes schuldet, hat der Geschädigte die tatsächlichen Grundlagen einer Schadenschätzung gem. § 287 ZPO darzutun. Dazu hat er darzulegen und ggf. mit dem Maßstab des § 286 ZPO zu beweisen, dass der geltend gemachte Schaden nach Art und Umfang insgesamt auf das behauptete Unfallereignis zurückzuführen ist. Weiter hat er dazu bei Vorhandensein wertbestimmender Vorschäden sowohl deren Umfang als auch deren fachgerechte Beseitigung im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen. Andernfalls fehlt es an einer ausreichenden Schätzgrundlage; der Geschädigte kann dann selbst unfallkompatible Schäden nicht ersetzt verlangen. Der Geschädigte eines Kfz-Unfalls muss in einem solchen Fall zur Begründung seines Ersatzbegehrens nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen nicht nur den genauen Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und fachgerechten Beseitigung des Vorschadens durchgeführt worden sind und ob eventuell Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsarbeiten standen, andernfalls kann die unfallbedingte Schadenhöhe grundsätzlich auch nicht nach § 287 ZPO geschätzt werden (vgl. zum Ganzen u. a. Senat, Beschl. v. 26.08.2021 - 14 U 93/21; Beschl. v. 08.06.2021 - 14 U 51/21; Beschl. v. 30.01.2019 - 14 U 179/18; Beschl. v. 20.09.2018 - 14 U 124/18; OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.02.2019 - 7 U 99/18; Urt. v. 08.02.2017 - 14 U 119/16; OLG Köln, Beschl. v. 17.01.2017 - 1 W 1/17 jeweils m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht, worauf ihn das Landgericht bereits vor Erlass des erstinstanzlichen Versäumnisurteils unmissverständlich zwei Mal hingewiesen hatte. Unstreitig verfügt der klägerische Pkw über einen unfallfremden Vorschaden an der rechten Frontseite, zu dessen fachgerechter Behebung nach dem klägerseits vorgelegten Schadensgutachten Bruttoreparaturkosten i.H.v. 4.119,30 EUR kalkuliert wurden (vgl. Bl. 110 d. A.). Zwar mag schon aufgrund dieses k...

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