Leitsatz (amtlich)
Der Aufenthalt von Personen auf Eisenbahngleisen mit der Folge der Einstellung des Fahrbetriebs stellt kein Unbrauchmachen einer dem Betrieb dienenden Sache i.S.d. § 316 b Abs. 1 Nr. 1 StGB dar, weil durch ihn nicht auf die Substanz der Gleise eingewirkt und deren Funktionsfähigkeit nicht gemindert wird.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Angeklagte wird wegen vorsätzlichen unbefugten Aufenthalts innerhalb von Bahngleisen zu einer Geldbuße von 500 EUR verurteilt.
(Angewendete Vorschriften: § 64 b Abs. 2 Nr. 2 EBO, §§ 26 Abs. 1 Nr. 1 c, 28 Abs. 1 Nr. 6 AEG).
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Die Verfahrenskosten erster Instanz und die Kosten des Revisionsverfahrens werden zur Hälfte der Landeskasse auferlegt, die in diesem Umfang auch die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat. Im Übrigen trägt diese Kosten der Angeklagte.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 20. Januar 2003 wegen gemeinschaftlicher Störung öffentlicher Betriebe in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Nötigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt. Auf seine hiergegen gerichtete Berufung hat die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts den Angeklagten unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen wegen gemeinschaftlicher Störung öffentlicher Betriebe zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Strafkammer festgestellt, dass er keine Einkünfte erzielt, sondern den ehelichen Haushalt versorgt und seine beiden 13- und 15-jährigen Kinder betreut. Die Ehefrau des Angeklagten leitet als Angestellte eine ambulante Krankenpflegestation.
Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts führte in den frühen Morgenstunden des 15. Mai 2001 die Deutsche Bahn AG/DB Cargo den Transport abgebrannter Atombrennstäbe aus norddeutschen Atomkraftwerken zur Wiederaufarbeitung in das französische La Hague durch. Der Zug mit den so genannten Castorbehältern sollte um 04:47 Uhr vom Rangierbahnhof Maschen abfahren und um 05:08 Uhr den Bahnhof Lüneburg auf der Hauptstrecke von Norden nach Süden passieren. Die so genannte Anti-Atomkraftbewegung hatte am 14. Mai 2001 in Harburg (Kreis Winsen/Luhe) eine gegen den Transport gerichtete Demonstration durchgeführt, an der auch der Angeklagte teilgenommen hatte. Dabei wurde zu einer Protestaktion in Lüneburg aufgerufen, woraufhin der Angeklagte von Harburg nach Lüneburg fuhr. Der Einsatzleiter der Bundesgrenzschutzinspektion, POK ......., erfuhr von der geplanten Kundgebung bei Dienstbeginn am 15. Mai 2001 gegen 03:00 Uhr morgens. Da die vorangegangenen Transporte nach La Hague störungsfrei verlaufen waren, erfolgte zunächst nur ein Einsatz in der üblichen Personalstärke der Bundesgrenzschutzinspektion. Es wurde auch kein allgemeines Versammlungsverbot erlassen. Ab 04:30 Uhr versammelten sich zunächst zehn bis fünfzehn Personen auf einer Grünfläche schräg gegenüber des Bahnhofsgebäudes. Bis 04:45 Uhr vergrößerte sich die Gruppe auf etwa fünfzig Personen. Gegen 04:45 Uhr betrat die Gruppe, in der sich der Angeklagte befand, die Wartehalle des Bahnhofsgebäudes. Der Angeklagte fiel den Bundesgrenzschutzbeamten dadurch auf, dass er wiederholt über sein Mobiltelefon Gespräche führte. Nach einem Gespräch teilte er den Teilnehmern der Protestkundgebung mit, dass der Zug mit den Atombrennstäben in Maschen abgefahren sei. Aus der Gruppe erfolgte der Aufruf "Los geht's!" und die Gruppe setzte sich auf dem Bahnsteig 1 in Richtung Norden in Bewegung. Der Einsatzleiter der Bundesgrenzschutzinspektion teilte der Einsatzleitstelle telefonisch mit, dass möglicherweise Personen die Gleisanlagen betreten könnten. Der hiervon in Kenntnis gesetzte Fahrdienstleiter ....... veranlasste daraufhin die Sperrung der Gleise 201 bis 203 in nördlicher und südlicher Richtung um 04:50 Uhr. Damit waren die Gleise im Bereich des Personenbahnhofs zwischen den Signalen N 202 und S 202 komplett gesperrt. Zugleich veranlasste der Fahrdienstleiter die Sperrung des Streckengleises zwischen Lüneburg und Bardowick in Richtung Bardowick. Der Angeklagte begab sich mit mehreren Demonstranten an das Ende des Bahnsteigs 1 im Norden des Lüneburger Hauptbahnhofs. Dort befindet sich ein Hinweisschild der Deutschen Bahn AG, dass Unbefugten der Zutritt auf die offenen Gleisanlagen untersagt ist. Der Einsatzleiter der Bundesgrenzschutzinspektion forderte die Demonstranten auf, das Betreten der Bahngleise zu unterlassen. Der Angeklagte und die übrigen Demonstranten folgten dieser Aufforderung jedoch nicht und betraten hinter dem Bahnsteig die offenen Schienenanlagen mit an dieser Stelle zwei Gleisen. Die Demonstranten setzten ihren Zug zunächst ca. 200 m weiter in Richtung Norden fort, wobei sich einige unmittelbar auf dem Gleis in Richtung Norden bewe...