Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Prozessvergleich eine Regelung, wonach die vereinbarte Kostenquote für den Fall der nicht fristgerechten Zahlung eines bestimmten Geldbetrags abgeändert wird, steht dies der Kostenfestsetzung schon vor Ablauf der Zahlungsfrist nicht entgegen, weil der durch die Kostenfestsetzung Beschwerte im Falle des Eintritts der Bedingung einen (neuen) Kostenfestsetzungsantrag und gleichzeitig die Aufhebung des alten Kostenfestsetzungsbeschlusses beim Rechtspfleger beantragen kann.
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Entscheidung vom 22.01.2008; Aktenzeichen 4 O 164/05) |
Tenor
Die am 5. Februar 2008 beim Landgericht Lüneburg eingegangene sofortige Beschwerde der Kläger vom 1. Februar 2008 gegen den am 24. Januar 2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 22. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg hat nach Eingang der Kostenausgleichsanträge beider Parteien zu Recht einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen.
Die Kläger können sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine Kostenfestsetzung deshalb hätte unterbleiben müssen, weil der zwischen den Parteien geschlossene Prozessvergleich eine veränderte Kostenquote für den Fall vorsieht, dass die Beklagten nicht bis zum 31. März 2008 an die Kläger einen bestimmten Geldbetrag geleistet haben. Die diesbezügliche Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs lautet:
"Von den Kosten des Rechtsstreits sowie des Vergleichs trägt die Klagepartei 80 % und die Beklagten 20 %. Bei nicht fristgemäßer Zahlung gemäß Punkt 2 werden die Kosten gegeneinander aufgehoben."
Die in Ziffer 3 Satz 1 des Vergleichs vereinbarte Kostenquote von 80 % (Kläger) zu 20 % (Beklagte) steht unter einer auflösenden Bedingung, welche der Kostenfestsetzung derzeit nicht entgegensteht, weil die Bedingung bisher nicht eingetreten ist (§ 158 Abs. 2 BGB). Dem Prozessvergleich kann auch im Wege der Auslegung nicht entnommen werden, dass eine Kostenfestsetzung erst nach dem 31. März 2008 hätte erfolgen dürfen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Vergleichs ist die Kostenfestsetzung nicht vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Regelungen in Ziffer 1 und 2 des Vergleichs dahin auszulegen sind, dass die von den Beklagten übernommene Zahlungsverpflichtung erst am 31. März 2008 fällig wird. Auch die beiderseitige Interessenlage rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Kostenfestsetzung erst dann zulässig sein sollte, wenn der genannte Stichtag abgelaufen war. Durch die Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs wird auf die Beklagten lediglich Druck ausgeübt, damit diese ihrer in Ziffer 1 und 2 übernommenen Zahlungsverpflichtung binnen der genannten Frist nachkommen. Dadurch geben die Parteien aber zu erkennen, dass sie davon ausgehen, dass sie an einer fristgerechten Erfüllung grundsätzlich keine Zweifel hegen und daher auch vom Bestand einer Kostenquote 80 % zu 20 % ausgehen. Die nicht fristgerechte Zahlung stellt damit den Ausnahmefall dar. Angesichts dieses Regel-Ausnahmeverhältnisses kann der Prozessvergleich nicht so verstanden werden, dass erst bei nicht fristgerechter Zahlung eine Kostenfestsetzung erfolgen darf. Im Übrigen darf bei der Auslegung nicht außer Betracht bleiben, dass die Kläger selbst mit Antrag vom 10. Dezember 2007 (Bl. 492 d. A.) die Kostenausgleichung beantragt haben. Das spätere Verhalten einer Partei ist ein gewichtiges Indiz bei der Auslegung einer Erklärung (vgl. Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 68. Auflage, § 133 Rdz. 17). Der Antrag der anwaltlich beratenen Kläger macht deutlich, dass auch die Kläger ersichtlich nicht davon ausgegangen sind, dass eine Kostenfestsetzung bis zum Ablauf des 31. März 2008 zu unterbleiben hatte.
Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO kam ebenfalls nicht in Betracht. Diese Vorschrift erlaubt nur eine Aussetzung bis zur Rechtskraft der dem Festsetzungsantrag zugrunde liegenden Entscheidung. Erfasst werden also nur solche Fälle, in denen gegen eine Entscheidung Rechtsmittel eröffnet sind und daher die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgt. Auf einen Vergleich, der gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ohne weitere Einschränkung vollstreckt werden kann, ist § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO mithin nicht anwendbar.
Diese Beurteilung führt auch nicht dazu, dass die Kläger schutzlos gestellt werden. Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin sind die Kläger nicht ohne weiteres darauf zu verweisen, eine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO zu erheben. Den Klägern steht im vorliegenden Fall vielmehr...