Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Forderung, für deren Durchsetzung Prozesskostenhilfe beantragt wird, bei der Prüfung der Voraus-setzungen des § 207 Abs. 1 InsO mit zu berücksichtigen ist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Forderung, für deren Durchsetzung von dem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe beantragt wird und durch die die Massekostenarmut beseitigt werden könnte, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 207 Abs. 1 InsO mit zu berücksichtigen.
2. Bei der Feststellung der Insolvenzmasse im Rahmen von § 207 Abs. 1 InsO sind Forderungen lediglich mit dem mutmaßlichen Realisationswert anzusetzen.
Normenkette
InsO § 207; ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 23.02.2012; Aktenzeichen 8 O 289/11) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Verden vom 23.2.2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der W. GmbH. Er beantragt Prozesskostenhilfe für die Durchführung einer beabsichtigten Klage, mit der er im Wege der Insolvenzanfechtung die Zahlung i.H.v. 7.021 EUR nebst Zinsen verlangt. Das LG hat den Antrag des Antragstellers unter Verweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 207 Abs. 1 InsO zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten einschließlich der gestellten bzw. angekündigten Anträge sowie der Entscheidung des LG wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den angefochtenen Beschluss und den Nichtabhilfebeschluss des LG Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das LG hat den Antrag des Antragstellers, ihm Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage zu gewähren, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass in Bezug auf ihn die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO gegeben sind.
Der Insolvenzverwalter als Partei Kraft Amtes erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits geschäftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen, § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht bereits dann mutwillig i.S.v. § 114 Abs. 1 ZPO, wenn der Insolvenzverwalter die Masse Unzulänglichkeit angezeigt hat, da dies nur Auswirkungen auf die Verteilung der vorhandenen Masse, nicht jedoch auf seinen Aufgabenkreis hat. Der Insolvenzverwalter bleibt vielmehr verpflichtet, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und zu verwerten, § 208 Abs. 3 InsO. Stellt sich hingegen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die Insolvenzmasse nicht einmal ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, hat das Insolvenzgericht das Verfahren einzustellen, wenn nicht ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a InsO gestundet werden, § 207 Abs. 1 InsO. Der Insolvenzverwalter hat in diesem Fall nur noch die vorhandene liquide Masse zu verteilen. Vor diesem Hintergrund kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung eines Anspruchs regelmäßig nicht in Betracht, wenn dieser nicht dazu geeignet ist, eine bereits eingetretene Massekostenarmut zu beheben (vgl. BGH, Beschl. v. 16.7.2009 - IX ZB 221/08, juris Rz. 8 f.). Das ist vorliegend der Fall. Die Verfahrenskosten i.S.v. § 207 Abs. 1 InsO unterschreiten vorliegend jedenfalls nicht den Wert von 4.000 EUR. Die Insolvenzmasse beträgt dagegen vorliegend lediglich 3.511,14 EUR.
1. Der Senat geht davon aus, dass die Verfahrenskosten i.S.v. § 207 Abs. 1 InsO jedenfalls einen Wert von 4.000 EUR nicht unterschreiten werden.
a) Das ergibt sich bereits dann, wenn man nur die vom Antragsteller vor dem LG eingereichten Schriftsätze zugrunde legt.
Zu den Verfahrenskosten i.S.v. § 207 Abs. 1 InsO zählen die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren, die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses (vgl. z.B. HambKomm/Weitzmann, InsO, 3. Aufl., § 207 Rz. 5). Der Antragsteller hat diese Kosten in den vor dem LG eingereichten Schriftsätzen mit 3.176,31 EUR veranschlagt. Diese Schätzung hält der Senat für nicht zutreffend. Welche Kosten insoweit tatsächlich anfallen werden, steht zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns noch nicht fest, weshalb insoweit eine Prognosebeurteilung zu treffen ist (vgl. z.B. Uhlenbruck/Ries, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 207 Rz. 2). Die vom Antragsteller insoweit vorgenommene Berechnung hält der Senat nicht für zutreffend. Diese beinhaltet ledig...