Leitsatz (amtlich)
›1. Auskunft über Schenkungen und unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers kann ein Nacherbe vom Vorerben nicht aus § 2314 BGB verlangen.
2. Dem Nacherben steht daher nur der allgemeine, nicht normierte Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben zu, wie er auch dem pflichtteilsberechtigten Allein- oder Miterben gegen den beschenkten Erben zugestanden wird.‹
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 8 O 335/05) |
Gründe
I. ...
II. Unabhängig davon bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO).
Auskunft über Schenkungen und unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers kann ein Nacherbe vom Vorerben entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus § 2314 BGB verlangen (BGH NJW 1981, 2051). Auch die §§ 2121, 2127 BGB stützen das Begehren des Klägers nicht, weil sich die in beiden Bestimmungen normierte Auskunftspflicht jeweils nur auf den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses bezieht (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2121 Rn. 2 und § 2127 Rn. 2).
Dem Kläger steht daher nur der allgemeine, nicht normierte Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu, wie er auch dem pflichtteilsberechtigten Allein- oder Miterben gegen den beschenkten Erben zugestanden wird (vgl. Staudinger/Haas, BGB, 13. Bearb. 1998, § 2314 Rn. 27). Dieser Anspruch besteht aber nur insoweit, als der Kläger entsprechende Auskünfte zur Geltendmachung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs benötigt. Anspruchsvoraussetzung ist darüber hinaus, dass der Pflichtteilsberechtigte gewisse Anhaltspunkte für die von ihm behaupteten unentgeltlichen Verfügungen des Erblassers dartut, d. h. dass sein Auskunftsverlangen nicht auf eine reine Ausforschung hinausläuft; ferner muss hinzu kommen, dass er sich die begehrten Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und dass der Beschenkte sie ohne unbillige Belastung zu geben vermag (vgl. BGH, NJW 1973, 1876/1878).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger nicht hinreichend dargetan. Anhaltspunkte für eine Schenkung des Erblassers an die Beklagte ergeben sich aufgrund seines Vorbringens und der vorliegenden Unterlagen der Banken allenfalls für die auf das Depot Nr. xxxxxx der Beklagten bei der Sparkasse xxxxx übertragenen Wertpapiere des Erblassers im Nennwert von 100.000 DM und 30.000 DM. Zwar trägt der Kläger in seiner Berufungsbegründung hierzu vor, das fragliche Depot der Beklagten sei erst am 31. Dezember 1993, also nach dem Tod des Erblassers eröffnet worden, was eine Schenkung durch den Erblasser ausschlösse und für eine Umschreibung auf die Beklagte als alleinige Vorerbin spräche. Allerdings ergibt sich aus dem Schreiben der Sparkasse vom 14. März 2005 (Bl. 119 d. A.), dass das Kreditinstitut selber von einer Übertragung noch zu Lebzeiten des Erblassers ausgeht. Dennoch besteht auch insoweit kein ergänzender Auskunftsanspruch des Klägers, denn die Beklagte hat ihm bereits alles mitgeteilt, was ihr hierzu noch erinnerlich ist und hat die bei der Bank insoweit noch vorhandenen Unterlagen vorgelegt. Der Kläger verfügt daher bereits über alle der Beklagten noch zugänglichen Erkenntnisse und kennt die Umstände, die ggf. auf eine lebzeitige Schenkung des Erblassers hindeuten. Er hat nicht dargelegt, inwieweit die Beklagte hierzu noch weitere Auskünfte ohne unbillige Belastung zu geben imstande wäre.
Hinsichtlich der übrigen vom Kläger aufgeführten Vermögensbestandteile (Schwarz-Bargeld, weitere Depotbestände, Lebensversicherungen und Kunstgegenstände) hat die Beklagte jeweils bereits erklärt, Zuwendungen des Erblassers an sie seien insoweit nicht erfolgt; hinsichtlich der Lebensversicherungen und Kunstgegenstände hat sie außerdem ausdrücklich erklärt, diese seien in den Nachlass gefallen. Anhaltspunkte dafür, dass gleichwohl lebzeitige Schenkungen des Erblassers an die Beklagte vorlagen, ergeben sich weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus den vorliegenden Bankunterlagen. Auch dass die vorgenannten Vermögenswerte des Erblassers in dem dem Nachlassgericht Ende 1993 vorgelegten Nachlassverzeichnis nicht angegeben waren, rechtfertigt nicht den Rückschluss, dann müsse der Erblasser sie der Beklagten geschenkt haben. Denn sowohl bei den Bargeldbeständen in der Wohnung des Erblassers und der Beklagten als auch bei dem Depot der Eheleute bei der xxxxx in Luxemburg handelte es sich unstreitig bis zum Erbfall um sog. "Schwarzgeld", welches ersichtlich zunächst weiter vor offiziellen Stellen verheimlicht werden sollte, bis später dann die Selbstanzeige der Beklagten beim Finanzamt erfolgte.
Fundstellen
ZEV 2006, 361 |
NJW-Spezial 2006, 398 |