Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständiges Beschwerdegericht bei Richterablehnung durch den vom Familiengericht bestellten Sachverständigen in Verfahren nach dem JVEG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei gerichtlichen Entscheidungen des AG nach dem JVEG ist Beschwerdegericht i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG auch dann das LG (nicht das OLG), wenn das AG als Familiengericht entschieden hat (vgl. bereits OLG Celle vom 10.2.2005 - 10 WF 48/05, FamRZ 2006, 141 f. = NJW-RR 2005, 660 = MDR 2005, 707 = NdsRpfl 2005, 226 f. = juris).

2. Hat das AG - Familiengericht - ein Ablehnungsgesuch des Sachverständigen gegen den für die Festsetzung seiner Vergütung nach § 4 JVEG zuständigen Familienrichter zurückgewiesen, so ist für die Entscheidung über die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde - entsprechend dem Rechtsweg für eine materielle Beschwerde gegen die Vergütungsentscheidung - ebenfalls das LG (nicht das OLG) zuständig.

 

Normenkette

JVEG § 4 Abs. 4 S. 2; FamFG § 6

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 623 F 1028/12)

 

Tenor

Die Vorlageverfügung des AG - Familiengericht - Hannover vom 8.4.2013 wird teilweise geändert. Das Beschwerdeverfahren wird dem zuständigen LG Hannover zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I. Das AG hatte im vorliegenden, die Regelung des Umgangs für die betroffenen Kinder betreffenden Verfahren am 5.6.2012 die Einholung eines Gutachtens beschlossen und den Beschwerdeführer zum Sachverständigen bestellt. Mit Beschluss vom 20.8.2012 hob es den Beweisbeschluss wieder auf. Der Beschwerdeführer übersandte das bis dahin erstellte Gutachtenfragment und rechnete gegenüber dem AG mit Rechnung vom 21.8.2012 über 1.302,80 EUR und ergänzend mit Rechnung vom 31.8.2012 über weitere 101,15 EUR für das Aktenstudium zweier in der ersten Rechnung nicht enthaltenen Aktenbände ab. Die zuständige Abteilungsrichterin legte am 10.10.2012 einen Aktenvermerk nieder, wonach von der Rechnung vom 21.8.2012 ein Betrag von 425 EUR in Abzug zu bringen sei, weil kein vollständiges Gutachten, sondern lediglich ein Gutachtenfragment übersandt worden sei, welches mit den vorbereitenden Tätigkeiten abgegolten sei. Zu einer Untersuchung der Beteiligten sei es wegen der Rücknahme des Gutachtenauftrags vor dem Untersuchungstermin nicht mehr gekommen. Die Kostenbeamtin des AG setzte die Vergütung des Sachverständigen - nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem AG Hannover vom 1.11.2012, die dem Sachverständigen zunächst nicht zur Kenntnis gegeben worden ist - mit Verfügung vom 3.12. auf 884,47 EUR fest. Dabei kürzte sie die erste Rechnung des Sachverständigen und lehnte eine Vergütung der mit der zweiten Rechnung geltend gemachten Aufwendungen ab. Nachdem der Sachverständige mit Schreiben vom 10.12.2012 seiner Verwunderung darüber Ausdruck gegeben hatte, dass ihm nur ein Teilbetrag angewiesen worden war, gab die Kostenbeamtin ihm die Stellungnahme des Bezirksrevisors zur Kenntnis und wies ihn mit Schreiben vom 18.12.2012 auf die Möglichkeit hin, gem. § 4 JVEG eine gerichtliche Festsetzung zu beantragen.

Mit Schreiben vom 22.12.2012 erklärte der Beschwerdeführer, "sollte die Abteilungsrichterin tatsächlich sich bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt einseitig gegen den Sachverständigen bei dem Bezirksrevisor positioniert haben, betrachte ich sie für befangen in der Hauptsache, wenn sie bei Antrag auf gerichtliche Festsetzung i.S.d. § 4 JVEG unparteilich entscheiden soll. Ich stelle daher prophylaktisch für den Fall, dass die Aussagen des Bezirksrevisors zutreffen, einen Befangenheitsantrag gegen die Abteilungsrichterin."

Der Bezirksrevisor beantragte am 10.1.2013 für die Landeskasse, die dem Beschwerdeführer zustehende Vergütung gem. § 4 JVEG auf insgesamt 985,61 EUR festzusetzen.

Auf gerichtliche Nachfrage teilte der Beschwerdeführer am 12.2.2013 mit, dass er den angekündigten Befangenheitsantrag aufrechterhalte. Daraufhin wurde ihm auf Verfügung der für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zuständigen Richterin vom 21.2.2013 die dienstliche Äußerung der Abteilungsrichterin mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen übersandt. Die Verfügung wurde am 26.2.2013 ausgeführt.

Mit Beschluss vom 21.3.2013 wurde der gegen die Abteilungsrichterin gerichtete Befangenheitsantrag zurückgewiesen, nachdem bis dahin keine Äußerung des Sachverständigen eingegangen war. Am 27.3.2013 ging bei dem AG ein auf den 15.3.2013 datiertes Schreiben des Sachverständigen ein, in dem er auch die für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständige Richterin als befangen ablehnte.

Das AG hat die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Vorlageverfügung des AG war insofern zu ändern, als darin eine Vorlage an das OLG ausgesprochen wird. Für die Beschwerdeentscheidung ist vielmehr das LG Hannover zuständig.

1. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei gerichtlichen Entscheidungen des AG nach dem JVEG das LG - und nicht das OLG - auch dann Beschwerdegericht i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG ist, wenn das AG als Familiengericht entschieden hat (Bes...

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