Leitsatz (amtlich)
OWiG § 10, StVO § 37 Abs. 2
Ein Autofahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt. Das Nichtbeachten eines Rotlichts wird dann i. d. R. als vorsätzlich begangen bewertet, was zur Erhöhung der Geldbuße und evtl. zur Verhängung eines Fahrverbots führt.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass gemäß § 25 Abs. 2 a StVG bestimmt wird, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Eintritt der Rechtskraft (30. Mai 2001), spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten, am 30. September 2001, in amtliche Verwahrung gegeben wird.
Der Betroffene trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde.
Gründe
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 29. Januar 2001 gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 300 DM verhängt und zugleich ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
Dem angefochtenen Urteil liegen folgende Feststellungen zu Grunde:
Der Betroffene befuhr am 20. Oktober 1999 um 10: 25 Uhr mit seinem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ....... in ....... die ........ An der Kreuzung ......./....... übersah er das Rotlicht der dortigen Lichtzeichenanlage und überfuhr die Haltelinie bei einer gemessenen Rotlichtzeit von 1, 47 Sekunden. Der Betroffene telefonierte während der Fahrt. Von ihm wurde in Frontansicht beim Überfahren der Haltelinie ein Foto gefertigt. Die Fahrereigenschaft des Betroffenen hat das Amtsgericht aus einem Vergleich mit der Inaugenscheinnahme der gefertigten Fotos mit dem Erscheinungsbild des Betroffenen sowie den überzeugenden Ausführungen eines anthropologischen Sachverständigen gewonnen. Den Vorsatz hat es aus der Höhe der überschrittenen Rotlichtzeit hergeleitet. Das Fahrverbot hat das Amtsgericht damit begründet, dass das Verhalten des Betroffenen eine grobe Pflichtverletzung eines Kraftfahrzeugführers darstelle. Ein Ausnahmefall liege nicht vor.
Mit der Rechtsbeschwerde wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Im Einzelnen wird ausgeführt, dass die Feststellungen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen fehlerhaft seien, weil die gefertigten Fotos zu unscharf seien, um mit ihrer Hilfe den Betroffenen als Fahrer zu identifizieren. Die Ausführungen zum Vorsatz seien nicht haltbar, weil allein die Dauer des Rotlichts von hier 1, 47 Sekunden noch nicht vorsätzliches Handeln ergäbe; vielmehr liege hier Fahrlässigkeit nahe, weil der Fahrer telefoniert habe und daher abgelenkt gewesen sei. Schließlich handele es sich nicht um eine grobe Pflichtverletzung, sondern nur um eine leichte Unaufmerksamkeit infolge des Telefonierens, sodass ein Ausnahmefall gegeben sei, der zum Wegfall des Fahrverbots führen müsse.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Verfahrensrüge überhaupt in zulässiger Weise ausgeführt worden ist.
Der Senat stimmt mit der Generalstaatsanwaltschaft darin überein, dass die dem Sachverständigen zur Verfügung gestellten und vom Amtsgericht in Augenschein genommenen Lichtbilder von völlig ausreichender Qualität sind und die im Urteil wiedergegebenen Identifizierungsmerkmale klar erkennen lassen. Zweifel an der Fahrereigenschaft des Betroffenen sind daher unbegründet, das Urteil ist insoweit nicht zu beanstanden.
Die Annahme des Amtsgericht, der Betroffene habe mit Vorsatz gehandelt, trifft im Ergebnis zu.
Zwar lässt sich der Vorsatz nicht allein aus der Dauer des Rotlichts herleiten.
Aber hier begründet sich vorsätzliches Handeln aus einem anderen Gesichtspunkt. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene während der Fahrt und der dabei erfolgten Missachtung des Rotlichtgebots mit einem Funktelefon ohne Freisprechanlage telefoniert hat. Diese Tatsache rechtfertigt die Annahme des Vorsatzes. Es bestand bereits zum Vorfallszeitpunkt -wie allgemeinkundig ist- in den Medien und in der Öffentlichkeit eine erhebliche Diskussion darüber, ob das Benutzen eines Funktelefons ohne entsprechende Freisprechanlage zu verbieten sei, weil es beinahe zwangsläufig zu Unaufmerksamkeit und damit zu Verkehrsverstößen führe. Dem zufolge stellt mittlerweile ein solches Verhalten eine Pflichtverletzung dar, die zu einer Bußgeldsanktion führt. Der hier gegebene Rotlichtverstoß ist den eigenen Ausführungen der Rechtsbeschwerde zufolge gerade wegen der mit dem Telefonieren einher gehenden Unaufmerksamkeit des Betroffenen geschehen. Wenn während einer Fahrt - noch dazu in der Innenstadt einer Großstadt mit dichtem Verkehr und vielen unterschiedlichen Verkehrsvorschriften - telefoniert wird, liegt eine derartige Pflichtverletzung bekanntermaßen nahe. Dieser Zusammenhang war dem Betroffenen auch als möglich und nicht fernliegend bekannt, der Verkehrsverstoß vorhersehbar. Der Betroffene hat sich demzufolge aus Bedenkenlosigkeit oder Gleichgültigkeit mit einem möglichen Verkehrsverstoß, wie geschehen, abgefunden. Der Betroff...