Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßangelegenheit. Personenstand
Leitsatz (redaktionell)
Ein gerichtlich bestellter Nachlasspfleger kann einen Dritten wirksam bevollmächtigen beim Standesamt Auskunft aus Personenstandsurkunden und Büchern zu verlangen, sofern ein rechtliches Interesse besteht.
Normenkette
FGG § 27 Abs. 1; PStG § 45 Abs. 1, § 61 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 23.01.1997; Aktenzeichen 9 T 113/96) |
AG Hannover (Beschluss vom 29.07.1996; Aktenzeichen 85 III 47/96) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. Januar 1997 geändert.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 16. Oktober 1996 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Hannover vom 29. Juli 1996 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2 trägt der Beteiligte zu 1.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1 betreibt ein Büro für Erbenermittlungen. Unter dem 18. November 1994 hat ihm Rechtsanwalt …, der als Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben des am … 1873 geborenen und am … 1951 verstorbenen … P. bestellt worden ist, bevollmächtigt, auf eigene Kosten und eigenes Risiko Erbenermittlungen anzustellen und dazu bei allen zuständigen Behörden Auskünfte einzuholen. Unter dem 12. Oktober 1994 hat sich der Beteiligte zu 1 an das Standesamt … gewandt und darin u. a. ausgeführt:
„… benötige ich folgende Urkunde, wobei ich um beglaubigte Fotokopie (§ 61 a Nr. 1 PStG, keine Urkunde nach Nr. 3) inklusive zweiter Teil und mit Hinweisen bitte. Sollten Hinweise abgedeckt werden, bitte ich um Mitteilung des Inhalts. Heiratsurkunde vom … 194 … (Standesamt … Nr. … 194 …: … P.
Unter dem 3. Januar 1996 hat das Standesamt … dem Beteiligten zu 1 eine Heiratsurkunde vom … 194 … übersandt und darauf hingewiesen, daß weitergehende Auskünfte gemäß § 48 DA nur dem Nachlaßgericht erteilt werden könnten. Der zweite Teil der Heiratsurkunde war abgedeckt.
Der Antragsteller hat daraufhin am 6. Februar 1996 beantragt, das Standesamt … gemäß § 45 Abs. 1 PStG anzuweisen, ihm eine Heiratsurkunde vom … 194 …– … 194 … – für … P. in beglaubigter Kopie samt Hinweisen anzufertigen bzw. soweit Hinweise abgedeckt werden, diese separat mitzuteilen.
Durch Beschluß vom 29. Juli 1996 hat das Amtsgericht Hannover diesen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß in die beglaubigte Abschrift einer Heiratsurkunde nur die in § 91 DA genannten Eintragungen aufzunehmen seien, wozu aber nicht Hinweise über die Eltern des Ehemannes, deren Eheschließung und deren eheliche Kinder gehörten. Vermerke über die Auflösung der Ehe, die von § 91 DA erfaßt seien, enthalte der Heiratsantrag nicht. Hingegen enthalte der abgedeckte zweite Teil Angaben über die Eltern der Eheschließenden. Das Amtsgericht hat weiter die Auffassung vertreten, daß die verlangten Hinweise den Angaben in den Sammelakten zuzuordnen seien. Insoweit dürfe der Standesbeamte Auskunft nur nach Maßgabe des § 48 DA geben. Es bestehe kein Einsichtsrecht.
Gegen die amtsgerichtliche Entscheidung hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt.
Durch Beschluß vom 23. Januar 1997 hat das Landgericht Hannover den Beschluß des Amtsgerichts Hannover geändert und das Standesamt … angewiesen, dem Beteiligten zu 1 die Heiratsurkunde in beglaubigter Fotokopie einschließlich sämtlicher Hinweise auszufertigen, bzw., soweit Hinweise abgedeckt worden seien, diese separat mitzuteilen. Insoweit hat es die Auffassung vertreten, daß die Dienstordnung für Standesbeamte (DA) ein Gericht nicht hindere, den Standesbeamten anzuweisen, eine uneingeschränkte Auskunft zu erteilen. Datenschutzgesichtspunkte stünden dem entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht entgegen.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere sofortige Beschwerde ist statthaft (§§ 48 Abs. 1 PStG, 27 Abs. 1 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 49 Abs. 1 PStG, 22, 29 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FGG). Die Zustellung des Beschlusses der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ist am 5. Februar 1997 verfügt worden. Bereits am 4. Februar 1997 ist die weitere sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht eingegangen, nachdem der Beteiligten zu 2 eine Beschlußausfertigung bereits formlos mit Verfügung vom 28. Januar 1997 übersandt worden war. Die Beteiligte zu 2 als Aufsichtsbehörde kann im übrigen Rechtsmittel einlegen ohne Rücksicht darauf, ob sie beschwert ist (BGHZ 73, 370).
Auch die vom Senat in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu überprüfende Zulässigkeit der Erstbeschwerde ist gegeben. Insoweit war gegen den Beschluß des Amtsgerichts Hannover vom 29. Juli 1996 das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde gegeben. Aus § 49 Abs. 1 Satz 1 PStG folgt, daß die einfache Beschwerde dann in Betracht kommt, wenn das Amtsgericht entschieden hat, daß ein Standesbeamter eine bestimmte Amtshandlung nicht vo...