Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsersuchen ggü. Personenstandsregister im Rahmen der Erbensuche des Nachlasspflegers
Leitsatz (amtlich)
1. Der Nachlasspfleger darf als gesetzlicher Vertreter der von ihm zu ermittelnden Erben ein rechtliches Interesse i.S.d. § 61 Abs. 1 PStG geltend machen und zur Ausführung seiner Aufgabe Erbensucher ermächtigen. Diese sind zur Einholung von Auskünften berechtigt.
2. § 61 Abs. 1 PStG sieht eine Auskunft aus den sog. Sammelakten eines Standesamtes nicht vor und bietet deshalb insoweit keine Anspruchsgrundlage. § 48 DA ist ein Allgemeine Verwaltungsvorschrift, die den Standesbeamten in zulässiger Weise zu Auskünften aus den Sammelakten befugt, der jedoch grundsätzlich keine Außenwirkung zukommt. Der Standesbeamte muss allerdings die ihm zugebilligten Interpretations- und Handlungsspielräume sachgerecht ausfüllen. Im Ergebnis können sich nach dem datenschutzrechtlichen Zweckbindungsgebot insoweit Auskünfte an dritte Personen im wesentlichen nicht auf andere Tatsachen erstrecken als aus den Personenstandsbücher hervorgehen.
Normenkette
PStG § 61 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 02.08.2004; Aktenzeichen 7 T 244/04) |
AG Lübeck (Beschluss vom 27.05.2004; Aktenzeichen 3-III 3/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG v. 27.5.2004 werden aufgehoben. Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung einer Auskunft v. 24.10.2003 wird abgelehnt.
Der Geschäftswert beträgt 3.000 Euro.
Gründe
Der Rechtsanwalt A. wurde zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des eingangs genannten Erblassers bestellt. Sein Wirkungskreis umfasst u.a. die Ermittlung der Erben. Er bevollmächtigte schriftlich die als Genealogen tätigen Beteiligten zu 1), auf eigene Kosten und eigenes Risiko bei der Erbenermittlung mitzuwirken, insb. Auskünfte bei Standesämtern einzuholen, beglaubigte Ablichtungen von Einträgen in Personenstandsregistern zu verlangen und Verfahren nach § 45 PStG durchzuführen. Unter Berufung auf diese Vollmacht haben die Beteiligten zu 1) unter dem 24.10.2003 beim Standesamt B. beantragt, die "große Sterbeurkunde" (Fotokopie aus dem Sterberegister) für G.H., gestorben am XYZ. in C., zu erteilen, ferner aus den Sammelakten zu dem Sterbefall mitzuteilen,
1. wann und wo die Verstorbene die Ehe geschlossen hat,
2. wann und wo möglicherweise der Ehemann vorverstorben ist,
3. welche Hinweise über mögliche Abkömmlinge vorliegen.
Das Standesamt hat eine beglaubigte Fotokopie aus dem Sterbeeintrag v. 19.4.1990 erteilt (Bl. 32 d.A.). Er enthält den Hinweis: "Die Verstorbene war Witwe von C.D." Die beantragte Auskunft hat es abgelehnt mit der Begründung, die gewünschten Angaben ergäben sich aus den zu jedem Personenstandsfall geführten Sammelakten, die jedoch gem. § 48 der Dienstanweisung für Standesbeamte (DA) nur insoweit der Akteneinsicht und Auskunft unterlägen, als sie ausschließlich für Zwecke der Beurkundung erhoben worden seien. Dieser Rahmen würde mit der erbetenen Auskunft überschritten.
Mit Schreiben v. 8.1.2004 haben die Beteiligten zu 1) nach § 45 Abs. 1 PStG beim AG beantragt, das Standesamt zur erbetenen Auskunft anzuhalten. Bei der verstorbenen G. H. könne es sich möglicherweise um eine Cousine des Erblassers handeln. Dessen Mutter stamme aus einem Ort, der heute in Polen liege, deshalb seien die Ermittlungen von Erben entsprechend schwierig. Zur Beurkundung eines Sterbefalles sei es notwendig, auch den Familienstand einzutragen, so dass auch das Heiratsdatum im weitesten Sinne Bestandteil einer Sterbeurkunde sei. Die Standesamtsaufsicht - Beteiligte zu 2) - ist dem entgegengetreten. Die erbetenen Angaben ergäben sich nicht aus dem eigentlichen Sterbeeintrag, worauf nur ein Anspruch auf Auskunft bestehe.
Das AG hat das Standesamt angewiesen, den Beteiligten zu 1) auch Auskunft darüber zu erteilen, ob G.H. verheiratet war, wann und wo möglicherweise der Ehemann vorverstorben sei und ob Hinweise auf Abkömmlinge vorlägen. Die Auskunft könne auch durch Übersendung der entsprechenden Heirats- bzw. Sterbeurkunden erfolgen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das LG zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss, auf den zur ergänzenden Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 34 bis 37 d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), der die Beteiligten zu 1) entgegengetreten sind.
Die nach §§ 27, 29, 21, 22 FGG; 49 PStG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO). Das LG hat im Hinblick auf das gestellte Begehren der Beteiligten zu 1) den Umfang des ihnen vom Gesetz zugebilligten Auskunftsrechts verkannt.
Das LG hat ausgeführt:
Der Auskunftsanspruch der Beteiligten zu 1) ergebe sich aus § 61 Abs. 1 S. 3 PStG. Dieser umfasse die Vorlage der entsprechenden Heiratsurkunde und der entsprechenden Sterbeurkunde. Der Familienstand ergebe sich nicht abschließend aus der bereits übersandten Sterbeurkunde. Denkbar sei, ...