Leitsatz (amtlich)

1. Die Verfallanordnung gemäß § 29 a OWiG setzt eine unmittelbare Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem aus dieser oder für diese erlangten Etwas, dem Vorteil, voraus.

2. Die Feststellung des Vorliegens einer solchen Kausalbeziehung erfordert zunächst die Ermittlung des konkret Erlangten und erst anschließend die Bestimmung von dessen Wert.

3. Bei der Ermittlung und Bestimmung des Wertes des durch oder aus der Tat Erlangten können im Rahmen bei dem Verfall nach § 29 Abs. 1 und 2 OWiG sogenannte rechtmäßige hypothetische Kausalverläufe nicht berücksichtigt werde.

 

Verfahrensgang

AG Winsen/Luhe (Entscheidung vom 23.02.2011)

 

Tenor

1. Die Sache wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80 a Abs. 3 OWiG).

2. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen als Verfallsbeteiligte wird das Urteil des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 23. Februar 2011 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Winsen (Luhe) zurückverwiesen.

 

Gründe

I. 1. Der Landkreis H. hatte mit Datum vom 8. Juli 2010 gegen die betroffene GmbH als Verfallsbeteiligte aufgrund eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 3 StVO einen Verfallbescheid über einen Geldbetrag in Höhe von 1.500 Euro erlassen. Die Behörde hatte den Bescheid darauf gestützt, dass die Betroffene als Halterin eines Lastzuges gegenüber dem Fahrer dieses Lkw nicht für die Einhaltung des Sonntagsfahrverbotes gesorgt habe. Der Fahrer habe deswegen am Tattag, dem 31. Januar 2010, ohne Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung einen Transport von 18.153 kg Körperpflegemittel von B. nach M. durchgeführt. Zu der Höhe des für verfallen erklärten Betrages hatte der Landkreis H. ausgeführt, die Transportkosten für die genannte Strecke von 550 km auf der Grundlage der Tabelle "Kostensätze Gütertransport Straße" geschätzt zu haben.

Auf den Einspruch der Betroffenen hin hat das Amtsgericht durch das jetzt angefochtene Urteil wegen des Verstoßes gegen § 30 Abs. 3 S. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 25 StVO i.V.m. § 24 StVG den Verfall eines Geldbetrages i.H.v. 660,-- Euro angeordnet. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist die Betroffene Halterin eines näher bezeichneten Lastzuges, mit dem am Tattag 33 Paletten Körperpflegemittel von B. aus transportiert wurden, die in M. abzuliefern waren. Der Lastzug wurde auf der BAB 1 in der Gemeinde S. kontrolliert und dabei das Fehlen einer Ausnahmegenehmigung für die Fahrt an Sonn- und Feiertagen festgestellt. Der Fahrer des Lastzuges war seitens der Halterin bzw. durch für diese handelnde Personen angewiesen worden, die Fahrt ungeachtet der fehlenden Erlaubnis bereits um die Mittagszeit des Tattages anzutreten. Seine Feststellungen hat das Amtsgericht auf die Einsichtnahme in den Auslieferungsschein und die Angaben der Betroffenen gestützt. Deren Verhalten wertet das Amtsgericht als fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach den o.g. Bestimmungen. Bei dem für verfallen erklärten Betrag hat der Bußgeldrichter den Erlös für die Frachtbeförderung ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und eines zusätzlichen Auftrages zugrunde gelegt.

2. Gegen dieses Urteil wendet sich die Betroffene als Verfallsbeteiligte mit der Rechtsbeschwerde. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und vertritt die Auffassung, es komme ein entschuldigender Notstand in Betracht. Die Anweisung der Halterin an den Fahrer, die Fahrt bereits mittags statt erst zur Nachtzeit anzutreten, habe Gefährdungen vermieden, die wegen des starken Schneefalls in den Gefällstrecken des Harzes und in den Kasseler Bergen bei der nächtlich geringeren Räumfrequenz hätten eintreten können. Darüber hinaus wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Höhe des für verfallen erklärten Betrages. Unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Koblenz vertritt sie die Rechtsauffassung, angesichts des für die Höhe des Verfalls geltenden Bruttoprinzips könne lediglich das abgeschöpft werden, was spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entspreche, den der Drittbegünstigte aus der Tat gezogen habe. Auf dieser Grundlage liege ein bei der Betroffenen als Verfallsbeteiligter erzielter Vorteil lediglich dann vor, wenn der fragliche Transport schlechterdings nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Hier hätte allerdings bei der zuständigen Behörde eine Einzelgenehmigung für die unternommene Fahrt eingeholt werden können. Für die Genehmigung wären Kosten in Höhe von etwa 50,00 - 70,00 Euro entstanden. Zudem sei bis zu der Polizeikontrolle im Raum S. lediglich rund 1/7 der gesamten vorgesehenen Strecke zurück gelegt worden, so dass auch höchstens 1/7 des vereinbarten Beförderungsentgeltes hätte für verfallen erklärt werden können.

II. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge hin - zumindest vorübergehend - Erfolg. Die getroffenen Feststellungen tragen die Entscheidung über die Höhe des für verfallen erklärten Betrages nicht in ausreic...

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