Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegungen des Schuldners, die ihm auferlegte Handlung sei unmöglich
Leitsatz (amtlich)
Zu den an die Darlegung der - im Streitfall verneinten - Unmöglichkeit der durch das Zwangsmittel zu erwirkenden Handlung zu stellenden Anforderungen.
Normenkette
ZPO §§ 888, 793
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 10.09.2012; Aktenzeichen 18 O 109/12) |
Tenor
Die gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des LG Hannover vom 10.9.2012 gerichtete sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beklagte betreibt einen Versand für Pflanzen und veröffentlichte Lichtbilder von verschiedenen Zier- und Nutzpflanzen auf seiner Internetseite zum Zwecke der Werbung. Die Klägerin war Urheberrechtsinhaberin der Lichtbildwerke und nahm den Beklagten auf Unterlassen der Vervielfältigung beziehungsweise Veröffentlichung der Lichtbilder in Anspruch. Durch Anerkenntnisteilurteil vom 5.7.2012 wurde der Beklagte u.a. verurteilt, der Klägerin
"Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der in Nr. 1 des Urteilstenors beschriebenen Verletzungshandlung unter Angabe des Zeitpunkts der Benutzungsaufnahme, der Dauer und Häufigkeit der Benutzung sowie Angabe der jeweils verwendeten Auflösung und Motivgröße des jeweiligen Lichtbildes"
Die Klägerin hielt die ihr erteilte Auskunft für unvollständig und hat beantragt, gegen den Beklagten ein Zwangsgeld i.H.v. 10.000 EUR festzusetzen. Nach Anhörung des Beklagten hat das LG gegen ihn ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR, ersatzweise, für den Fall der Uneinbringlichkeit, Zwangshaft von einem Tag für je 100 EUR festgesetzt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde, mit der er die Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung erreichen möchte. Er behauptet, er könne, nachdem er die Bilder der Klägerin von seinem Server und parallel von seinem Computer gelöscht habe, nicht mehr nachvollziehen, mit welcher Auflösung, Dateigröße oder in welchem Umfang er die einzelnen Bilder verwendet habe. Lediglich fünfzehn Lichtbilder seien in einem separaten Ordner gespeichert gewesen. Hierrüber habe er Auskunft erteilt. Zudem würden sich die von der Klägerin verlangten Beschaffenheitsangaben aus den Screenshots ergeben, die der Klägerin vorlägen. Da ihm die Auskunft unmöglich sei, dürfe das Zwangsgeld nicht festgesetzt werden.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Die allgemeinen Voraussetzungen für die Festsetzung des Zwangsgeldes und (hilfsweise) der Zwangshaft nach § 888 ZPO sind erfüllt.
aa) Die Zwangsvollstreckung erfordert gem. §§ 704, 724?f., 750, 794 ZPO einen Vollstreckungstitel, eine Vollstreckungsklausel zu dem Titel und die Zustellung des Titels. Die von Amts wegen erfolgte Zustellung, die sich hier aus den Akten ergibt, genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.2005 - VII ZB 14/05, juris Rz. 6 f.). Die vollstreckbare Ausfertigung liegt vor; die Klägerin hat den Vollstreckungsantrag gestellt. Die Festsetzung von Zwangsgeld zur Erzwingung einer nicht vertretbaren Handlung bedarf - anders als die Festsetzung von Ordnungsgeld gemäß ZPO § 890 - keiner vorherigen Androhung (vgl. OLG München, Beschl. v. 24.8.1981 - 25 W 1644/81, juris; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 888 Rz. 10).
bb) Die von der Klägerin aufgrund des Teilanerkenntnisurteils des LG Hannover vom 5.7.2012 verlangte Auskunft ist eine unvertretbare Handlung. Die Auskunft kann ausschließlich von dem Beklagten erteilt werden.
b) Die Nichterfüllung durch den Schuldner muss behauptet werden. Ist die Erfüllung unstreitig oder liquide zu beweisen, ist sie zu beachten (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2010 - 7 W 13/10, juris Rz. 18; Musielak/Lackmann, a.a.O., Rz. 8; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 888 Rz. 11). Ist zur Auskunft verurteilt, ist nur zu prüfen, ob die Auskunft erteilt ist und keine erkennbaren Lücken aufweist. Eine zum Zweck der Auskunft gegebene Erklärung genügt zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs nicht, wenn sie nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vorneherein unglaubhaft ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2001 - I ZR 291/98, juris Rz. 44; Urt. v. 24.3.1994 - I ZR 42/93, juris Rz. 15). So liegt es hier.
(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Auskunftsverlangen der Klägerin nicht dadurch befriedigt, dass der Beklagte die Verwendung von fünfzehn Lichtbildern zugestanden hat und im Übrigen auf die von der Klägerin vorgelegten Screenshots verweist. Die sich aus der Vorlage des Anlagenkonvoluts K 7 ergebenden Bildinformationen betreffend die von dem Beklagten verwendeten Lichtbilder decken den anerkannten Auskunftsanspruch nicht ab. Der anerkannte Auskunftsanspruch reicht weiter. Dieser erfasst nicht allein die Bildinformationen zu der von der Gläubigerin bei Erstellung der Screenshots festgestellten Verletzungshandlung, sondern auch den Beginn der Nutzung, Dauer und Häufigkeit der Benutzung sowie die Angabe der jeweils verwendete...