Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rechtshängigkeit bei nachträglicher Klagehäufung und der Auswirkung einer erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgenden Individualisierung des Anspruchs auf die Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Die erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im Schadensersatzprozess erfolgte bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes eines im Wege der objektiven Klagehäufung nachträglich - noch vor Ablauf der Verjährungsfrist - eingeführten weiteren Streitgegenstandes hat für die Verjährung keine Rückwirkung.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 260, 261 Abs. 2, § 263
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 13.07.2011; Aktenzeichen 10 O 63/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.7.2011 verkündete Teilurteil der 10. Zivilkammer des LG Hannover - 10 O 63/10 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zu 2. vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2. als ehemalige Geschäftsführerin der in Insolvenz gefallenen A. R. GmbH aus einer für Verbindlichkeiten des Unternehmens bestellten Höchstbetragsbürgschaft sowie aus unerlaubter Handlung in Anspruch.
Die Klägerin - bzw. deren Rechtsvorgängerin, die Y-Bank AG, zuvor Z-Bank, (im Folgenden nur Klägerin) - schloss im Kontext bestehender Geschäftsbeziehungen mit der A. R. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) am 24.3./19.4.2005 einen Kreditrahmen-Vertrag (Anlage K 1, Bl. 19 ff. d.A.), mit dem der Insolvenzschuldnerin ein Kreditrahmen für Einkaufskredite zum Erwerb von Fahrzeugen zur Verfügung gestellt wurde. Zuvor, am 9.9.2003, hatte die Beklagte zu 2., die die Geschäftsführung von dem Beklagten zu 1., ihrem Vater, übernommen hatte, für alle Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin der Klägerin eine Bürgschaft, beschränkt auf einen Betrag von 150.000 EUR, gestellt (Anlage K 4, Bl. 54 d.A.). Mit Schreiben vom 21.3.2006 (Anlage K 2, Bl. 36 d.A.), dem eine tagesaktuelle Fahrzeugbestandsliste (Bl. 37 ff. d.A.) beigefügt war, kündigte die Klägerin den Kreditrahmenvertrag fristlos und bezifferte ihre Gesamtforderung mit 170.213,10 EUR. Mit Schreiben vom 13.4.2006 (Anlage K 5, Bl. 69 f. d.A.), das gleichlautend an den Beklagten zu 1. als weiteren Bürgen ging (Anlage K 3, Bl. 52 f. d.A.), forderte die Klägerin die Beklagte zu 2. zum Ausgleich der Bürgschaftsforderung auf. Nach der Verrechnung des Erlöses aus der Verwertung vorhandener zur Sicherheit übereigneter Fahrzeuge bezifferte sie ihre Bürgschaftsforderung mit 136.523 EUR.
Folgende acht in der Bestandsliste aufgeführte (handschriftliche Nummerierung) Fahrzeuge, deren Erwerb die Klägerin kreditfinanziert hatte, waren - bei folgendem Kreditsaldo - nicht mehr vorhanden, weshalb eine Verwertung unterblieb:
1. |
Avensis |
14.800 EUR |
2. |
Grand Vitara 2.0 TD |
8.200 EUR |
6. |
Grand Vitara 2.0 TD Automatik |
9.680 EUR |
7. |
Grand Vitara 2.0 TD |
9.400 EUR |
8. |
Grand Vitara 2.0 Comfort |
9.920 EUR |
9. |
Grand Vitara XL - 7 Comfort |
10.000 EUR |
10. |
Grand Vitara 2.0 TD |
14.400 EUR |
17. |
Matiz SE |
4.900 EUR |
|
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81.300 EUR |
Die Beklagte zu 2. hatte als Geschäftsführerin des Autohauses insoweit auf der Grundlage des Rahmenkreditvertrages Einzelkreditverträge mit der Klägerin geschlossen, um die Einkäufe der Fahrzeuge zu finanzieren. Der jeweilige Kredit ist an die Insolvenzschuldnerin ausgezahlt worden. Ungeachtet der in Ziff. 8 der - einbezogenen - Finanzierungsbedingungen für Kraftfahrzeug-Einkaufskredite (Bl. 26 ff. d.A.) antizipiert vereinbarten Sicherungsübereignung der Fahrzeuge, hat die Beklagte zu 2. diese - wie von Anfang an geplant - an gutgläubige Dritte weiter veräußert und den Kaufpreis nicht an die Klägerin weitergeleitet. Dadurch hat die Klägerin ihr Sicherungseigentum verloren, bzw. dieses ist gar nicht erst begründet worden, woraus ihr ein Schaden im Umfang des zum Zeitpunkt der Kündigung jeweils bestehenden Kreditsaldos entstanden ist.
In folgenden weiteren Fällen, in denen die Beklagte zu 2. ebenso vorgegangen ist, wurde zunächst das Konto der Insolvenzschuldnerin belastet, weshalb die Bestandsliste insoweit einen Kreditsaldo von 0 EUR ausweist. Da es am 24.3.2006 zu Rücklastschriften gekommen ist, besteht für folgende drei Fahrzeuge (handschriftliche Ergänzung) ein Kreditsaldo in folgender Höhe:
1. |
Alto 1.1 Comfort |
4.080 EUR |
2. |
Almera |
5.240 EUR |
3. |
Ignis Cool |
6.900 EUR |
|
|
16.220 EUR |
Der Schaden der Klägerin - die Beklagte ist wegen dieses Sachverhalts (Fälle 18 bis 28) mit Urteil des AG Hannover (216 Ds 5372 Js 94750/06 (486/06) vom 19.9.2007 (Bl. 112 ff. d.A.) u.a. wegen Betruges in 26 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden - beläuft sich insgesamt auf 97.520 EUR.
Die Klägerin hat - nach vorangegangenem Mah...