Leitsatz (amtlich)
Aus einer Formulierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Stichwort "Inanspruchnahme aus der Bürgschaft" geht nicht hervor, dass die Zahlungsaufforderung Fälligkeitsvoraussetzung sein soll, wenn die Klausel ggü. den gesetzlichen Bestimmungen keine besonderen Regelungen enthält, ab welchem Zeitpunkt die Gläubigerin an den selbstschuldnerischen Bürgen herantreten kann (gegen OLG München WM 2006, 1813).
Normenkette
BGB §§ 195, § 199 ff., §§ 271, 305c, 765, 773; ZPO § 167
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-5 O 142/05) |
Gründe
I. Die Gemeinschuldnerin unterhielt zur Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Kreditvertrag vom 30.12.1999 mit einer Laufzeit bis zum 30.6.2001 sowie einen Kreditvertrag vom 10.5.2000 mit einer Laufzeit bis zum 31.10.2001 (Bl. 15 d.A.).
Der Beklagte erteilte als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin der Rechtsvorgängerin der Klägerin unter dem 19.10.1999 eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 200.000 DM für alle bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank gegen der Gemeinschuldnerin zustanden. Unter Ziff. 3 der Geschäftsbedingungen betreffend die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft und Verzicht auf Einreden heißt es wie folgt:
Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche der Bank fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, kann sich die Bank an den Bürgen werden, der dann aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Bank Zahlung zu leisten hat.
Die Bank ist nicht verpflichtet, zunächst gegen den Hauptschuldner gerichtlich vorzugehen oder ihr gestellte Sicherheiten zu verwenden.
Über das Vermögen der gemeinschuldnerischen GmbH wurde am 19.9.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Forderungen aus den Kreditverträgen wurden am 9.11.2001 zur Insolvenztabelle angemeldet und wurden i.H.v. 1.469.575,02 EUR vom Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 9.5.2005 festgestellt (Anlage K 9, Bl. 247 d.A.).
Mit Schreiben vom 8.3.2002 nahm die Klägerin den Beklagten auf Zahlung der Bürgschaftssumme i.H.v. 200.000 DM in Anspruch (K 6, Bl. 27 d.A.). Unter dem 13.5.2002 hat die Klägerin einen Mahnbescheid gegen den Beklagten beantragt, der dem Beklagten erst am 19.2.2005 zugestellt worden ist. Der Mahnbescheid hatte ursprünglich nicht zugestellt werden können, weil der Empfänger, der Beklagte, unbekannt verzogen war. Eine entsprechende Nachricht ist der Klägerin am 4.6.2002 erteilt worden. Der Beklagte hatte sich bei dem für ihn zuständigen Einwohnermeldeamt unter dem 6.11.2001 nach O1 abgemeldet. Dies war der Klägerin nach Ermittlungen einer Auskunftei bekannt (vgl. Bl. 214 d.A.). Unter dem 9.2.2005 hat die Klägerin einen Antrag auf Neuzustellung des Mahnbescheids gestellt, woraufhin der Mahnbescheid am 19.2.2005 zugestellt wurde.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus der Bürgschaft vom 19.10.1999 in Anspruch.
Sie hat behauptet, aus den der Hauptschuldnerin eingeräumten Krediten seien zu ihren Gunsten am Tag der Insolvenzeröffnung Forderungen i.H.v. 1.909.011,57 EUR offen gewesen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 102.258,38 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat mit Nichtwissen die Inanspruchnahme der beiden Kredite bestritten. Er hat geltend gemacht, dass die Bürgschaft vom 19.10.1999 in keinem Zusammenhang mit den beiden später abgeschlossenen Kreditverträgen stünde. Im Übrigen hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat die Forderung der Klägerin in Anbetracht der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit Insolvenzeröffnung am 19.9.2001 wegen der Zustellung des Mahnbescheides erst am 19.2.2005 für verjährt gehalten.
Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf das Urteil des LG Frankfurt/M. Bezug genommen.
Mit ihrer zulässigen Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des LG, ihre Bürgschaftsforderung sei verjährt. Der Bürgschaftsanspruch der Klägerin sei erst mit der Zahlungsaufforderung an den Beklagten vom 8.3.2002 (Anlage K 6, Bl. 27 d.A.) fällig geworden, so dass die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB neuer Fassung durch die Zustellung des Mahnbescheides am 19.2.2005 unterbrochen worden sei. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Bürgen sei nach mehreren Entscheidungen des BGH Voraussetzung für die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Darüber hinaus sei hier in Ziff. 3 der Bürgschaftsurkunde eine besondere Fälligkeitsvereinbarung getroffen worden. Mithin habe die Verjährungsfrist für die Bürgschaftsforderung erst mit Ablauf des Jahres 2002 zu laufen begonnen. Die Klägerin verweist insoweit auf eine Entscheidung des OLG München vom 20.7.2006 (WM 2006, 1813 f.). Das OLG München hat sich in dieser Entscheidung mit einer gleichlautenden Geschäftsbedingung auseinandergesetzt. Es hat ausgeführt, die Geltendmachung des Bürgschaf...