Leitsatz (amtlich)
1. Der Auftraggeber schuldet dem Auftragnehmer (Bauunternehmer) keine Beaufsichtigung von dessen eigener, nach dem Bauvertrag geschuldeter Leistung, so dass der Architekt insoweit auch nicht Erfüllungsgehilfe ist und ein Mitverschulden des Auftraggebers wegen einer Pflichtverletzung des Architekten deshalb nicht in Betracht kommt.
2. Der planende Architekt ist Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ggü. dem Unternehmer.
3. Die Auswahl der geeigneten Nachbesserungsmethode obliegt dem Unternehmer in eigener Verantwortung.
4. Ein bloßes Einverständnis des Bestellers mit einer bestimmten Art und Weise der Nachbesserung enthält regelmäßig keinen Verzicht auf weitere Mängelansprüche bei Fehlschlagen der zunächst ins Auge gefassten Nacherfüllung.
5. a) Ein Gesamtschuldverhältnis zwischen mehreren Bauunternehmern setzt voraus, dass die Unternehmer eine Zweckgemeinschaft im Sinne einer Erfüllungsgemeinschaft hinsichtlich ihrer gleichen primären Leistungspflichten bilden, die darauf gerichtet ist, ein und dieselbe Bauleistung zu erbringen.
5. b) An einer ein Gesamtschuldverhältnis begründenden Zweckgemeinschaft fehlt es, wenn die Unternehmer voneinander getrennte Bauleistungen erbringen, ohne dass eine zweckgerichtete Verbindung ihrer Bauleistungen besteht. Eine zweckgerichtete Verbindung verschiedener Bauleistungen liegt im Regelfall auch dann nicht vor, wenn verschiedene Bauleistungen nur aufeinander aufbauen und damit schon zeitlich nacheinander geschuldet werden.
5. c) Eine Gesamtschuld zweier Werkunternehmer ist gegeben, wenn ein Mangel, der seine Ursache zumindest teilweise in beiden Gewerken hat, wirtschaftlich sinnvoll nur auf eine einzige Weise beseitigt werden kann und die Beseitigung der dem einen Unternehmer zurechenbaren Mängelursache zugleich dazu führt, dass damit auch die dem Gewerk des anderen Unternehmers zuzuordnenden Mängelursachen mit erledigt sind.
6. a) Für den schlüssigen Vortrag eines Schadensersatzanspruchs gegen den bauaufsichtsführenden Architekten genügt es (wie beim Kostenvorschussanspruch gegen die Bauunternehmer), wenn seitens des Auftraggebers die sichtbaren Symptome der Baumängel beschrieben werden, auf die sich die Bauaufsicht des Architekten erstreckte. Für eine entsprechende Pflichtverletzung des Architekten spricht dann der erste Anschein.
6. b) In diesem Fall braucht der Bauherr nicht anzugeben, inwieweit es der Architekt im Einzelnen an der erforderlichen Überwachung hat fehlen lassen. Vielmehr ist es Sache des Architekten, den Beweis des ersten Anscheins dadurch auszuräumen, dass er seinerseits darlegt, was er an Überwachungstätigkeit verrichtet hat. Dazu genügt nicht die bloße Behauptung, dass er die Arbeiten selbst oder durch einen Bauleiter habe überwachen lassen.
7. Bei Teilurteilen kann ausnahmsweise vom Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung abweichend eine Kostenentscheidung ergehen, wenn ein gegen mehrere Beklagte gerichteter Rechtsstreit wegen Insolvenz eines der verklagten Streitgenossen teilweise unterbrochen ist. Denn dann ist ungewiss, wann der Rechtsstreit fortgesetzt und mit einer Kostenentscheidung versehen werden kann; das ist den Parteien nicht zumutbar.
Normenkette
BGB a.F. §§ 633, 635; BGB §§ 426, 633-635, 637; ZPO § 301
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 10.10.2003; Aktenzeichen 6 O 481/01) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der Beklagten zu 2 und 3 sowie der Streithelferin der Beklagten zu 2 wird das am 10.10.2003 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Stade unter Zurückweisung der jeweils weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und - soweit es die Beklagten zu 2 und 3 betrifft - wie folgt neu gefasst:
(1) Die Beklagten zu 2 und 3 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 30.677,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.1.2002 zu zahlen.
(2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 - insoweit als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 3 - verpflichtet ist, der Klägerin diejenigen über 30.677,51 EUR hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die zur Beseitigung der im Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. K. vom 31.10.2009 in Abschnitt 9.4.4 (i.V.m. Anlagen 5 und 7) bezeichneten Mängel der von der Beklagten zu 2 und ihrer Streithelferin an dem Dach und den Dachaufbauten des Gebäudes ... in ... erbrachten Leistungen nebst darauf beruhender Folgeschäden (namentlich der Erneuerung der Unterdecken-Platten im Ausstellungs- und Bürogebäude) entstehen, soweit sie zur Herstellung eines fachgerechten, insb. gegen eindringende Feuchtigkeit dichten Daches erforderlich sind.
(3) Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3 verpflichtet ist, der Klägerin Ersatz für diejenigen über 30.677,51 EUR hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu leisten, die zur Beseitigung der im Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. K. vom 31.10.2009 in Abschnitten 9.4.3 und 9.4.4 (i.V.m. Anlagen 5 und 7) bezeichneten Mängel der von der Beklagten zu 1 sowie der Beklagten zu 2 und ihrer Streithelferin an dem ...