Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Planung einer vollständigen neuen technischen Anlage im Rahmen des Umbaus eines Gebäudes ist kein Umbauzuschlag zu gewähren.
2. Ein Umbauzuschlag für den Bereich der Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen ist zu gewähren, wenn Sanitärobjekte zumindest teilweise an vorhandene Wasser- und Abwasserrohre angeschlossen werden müssen und dies der Planer bei seiner Planung zu berücksichtigen hat.
3. Bei der Frage, ob ein Umbauzuschlag zu gewähren ist, ist unerheblich, wie das Verhältnis des Wertes der Neugestaltung der Sanitäreinrichtung zum Erstellungspreis einer Schmutzwasserleitung ist. Der "Wert bzw. Preis" einer Neugestaltung ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Es kommt ausschließlich auf den Einfluss der vorhandenen Bausubstanz auf die planerischen bzw. überwachenden Tätigkeiten des Architekten an.
4. Auf einen Abnahmewillen kann regelmäßig nur geschlossen werden, wenn der Auftraggeber Gelegenheit hatte, die Beschaffenheit des Werkes ausreichend zu prüfen. Die Dauer der Prüfungs- und Bewertungsfrist hängt vom Einzelfall ab und wird von der allgemeinen Verkehrserwartung bestimmt. Es ist unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Architekten, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unangemessen nach hinten zu verschieben, nicht gerechtfertigt, den Prüfungszeitraum beliebig zu erweitern.
5. Hat der Auftraggeber das Bauwerk bezogen, liegt darin nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist eine konkludente Abnahme, wenn sich aus dem Verhalten des Auftraggebers nichts Gegenteiliges ergibt. Bei einem Einfamilienhaus erscheint eine ca. sechsmonatige Prüfungsfrist angemessen.
6. Allein die Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI, Anhang 10.1, aufgeführten Grundleistungen erbracht worden, führt - ohne einen Mangel in der Bauwerksleistung - nicht zu einer Vergütungsminderung bzw. einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten.
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Aktenzeichen 8 O 275/17) |
Tenor
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 28. Oktober 2019 - 8 O 275/17 - werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 36% und der Beklagte 64%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 82.725,33 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Zahlung restlichen Architektenhonorars für den Umbau und die Modernisierung des Wohnhauses des Beklagten in Sulingen.
Der Beklagte beauftragte den Kläger, einen Architekten, im Mai 2015 mit dem Umbau und der Modernisierung seines Einfamilienhauses. Die Parteien schlossen keinen schriftlichen Architektenvertrag ab, vereinbarten aber mündlich die Erbringung von Grundleistungen der Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe und Objektüberwachung (Leistungsphasen 1 bis 3 und 5 bis 8 gem. § 34 HOAI 2013) durch den Kläger. Streitig ist, ob auch eine Vereinbarung im Hinblick auf die Erbringung von kostenpflichtigen Planungsleistungen durch den Kläger zur technischen Ausrüstung des umgebauten Gebäudes des Beklagten vorliegt. Die Parteien streiten ferner über den Umfang der erbrachten Leistungen des Klägers.
Der Beklagte zog mit seiner Familie im Juli 2015 aus dem Objekt aus.
Während der Bauarbeiten fanden regelmäßige Baubesprechungen statt. Der Kläger übersandte dem Beklagten Kostenberechnungen bzw. -zusammenstellungen (vgl. hierzu die Ausführungen im LGU, Seite 2).
Am 12.07.2016 unterzeichnete der Beklagte das Nachabnahmeprotokoll betreffend die Parkettarbeiten der Firma B. GmbH (Anlage K 23, Bl. 17 f. AH). Der Beklagte zog mit seiner Familie Ende Juli 2016 wieder in das umgebaute Haus ein.
Mit Schlussrechnung vom 9. Juni 2017 rechnete der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Restbetrag in Höhe von 82.725,33 EUR brutto ab (Einzelheiten siehe LGU, Seite 3 und Schlussrechnung Anlage K 25, Bl. 7 ff. AH).
Auf den Gesamt-Honoraranspruch des Klägers in Höhe von 93.326,10 EUR netto zahlte der Beklagte Abschläge in Höhe von 15.000,00 EUR und 8.809,02 EUR. Mit seiner Klage macht er den sich aus der Differenz zzgl. Mehrwertsteuer ergebenden Betrag in Höhe von 82.725,33 EUR geltend.
Nach Prüfung der Schlussrechnung durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten lehnte der Beklagte weitere Honorarzahlungen an den Kläger ab.
Der Kläger hat behauptet, die Leistungen seien durch den Beklagten jedenfalls konkludent abgenommen worden. Es lägen zehn verschiedene von dem Beklagten unterzeichnete Abnahmeprotokolle einzelner Gewerke vor. Die gesamte Baumaßnahme sei damit abgenommen. Wegen der Parkettarbeiten gebe es ein Nachabnahmeprotokoll, wonach gerügte ...