Leitsatz (amtlich)
1. Selbst bei unterstellter Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung i.S.d. § 635 Abs. 3 BGB ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Besteller nicht auf den Minderwert verwiesen werden, sondern (stattdessen) dem Unternehmer die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten berechnen kann. Ein "Gleichlauf" mit § 635 Abs. 3 BGB ist schon deshalb nicht angezeigt, weil ein Schadensersatzanspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber dem bloßen Nacherfüllungsverlangen zusätzlich das Vorliegen von Verschulden erfordert. Würde man den Besteller als Ausgleich für das mangelhafte Werk allein auf den Ersatz der objektiven Wertminderung verweisen, unterliefe man den Zweck des Schadensersatzanspruchs, die Nachteile des Bestellers auszugleichen, die ihm durch die mangelhafte Werkleistung entstanden sind. Denn der Ersatzanspruch tritt an die Stelle des ursprünglichen auf mangelfreie Herstellung gerichteten Erfüllungsanspruchs.
2. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an der Leistung, so kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Kompensation für die fehlende Vertragserfüllung verweigert werden. Dieser strenge Maßstab ist im Grundsatz auch dann anzulegen, wenn die Werkleistung zu einer lediglich optischen Beeinträchtigung geführt hat.
3. Ein vor der Mängelbeseitigung geltend gemachter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Mängel an einem Bauwerk umfasst nicht die auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten entfallende Umsatzsteuer.
4. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung kommt nur über die Verweisung des § 281 Abs. 5 BGB auf die §§ 346, 348 BGB in Betracht, wenn der Besteller das Bauwerk nicht behalten will und dementsprechend nach den §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 5 BGB Schadensersatz statt der ganzen Leistung (vormals "großer" Schadensersatz) geltend macht. Das gilt nicht bei "kleinem" Schadensersatz i.S.d. § 281 Abs. 1 BGB, denn in dessen Rahmen kann der Besteller entweder den mangelbedingten Minderwert des Werkes oder den Betrag verlangen, der für die Beseitigung des Mangels erforderlich ist. Der Besteller ist insoweit frei, den zur Verfügung gestellten Betrag zur Mängelbehebung zu verwenden oder von einer Beseitigung abzusehen.
6. In der Regel verpflichtet sich der Unternehmer stillschweigend zur Beachtung der anerkannten Regeln der Technik. Die anerkannten Regeln der Technik werden nicht allein durch die DIN-Normen festgelegt. Denn hierbei handelt es sich lediglich um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, welche hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben oder im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens sogar noch darüber hinaus gehen können. Auch bei einer Abweichung von DIN-Normen kann deren bezweckter Erfolg erreicht werden. Die DIN-Normen befreien folglich nicht davon, sich mit dem jeweiligen Einzelfall auseinander zu setzen.
7. Der Streitwert einer nur auf Auflassung und nicht zugleich auch auf Übergabe gerichteten Klage bemisst sich allein nach dem noch ausstehende Restkaufpreis. Wenn die Frage, ob jemand eine Umschreibung des Grundbuchs durchsetzen kann, nur noch davon abhängt, ob der ausstehende Restkaufpreis entgegen gehalten werden kann, dann erscheint es sachgerecht, nur auf diesen Restkaufpreis abzustellen.
Normenkette
BGB §§ 633, 635, 281
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 14.02.2011; Aktenzeichen 19 O 33/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 2 wird das Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des LG Hannover vom 14.2.2011 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin zu 2 13.500 EUR nebst Zinsen i.H.v.
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.3.2010 zu zahlen;
2. an die Klägerin zu 2 5 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2007 zu zahlen;
3. an die Klägerinnen zu 1 und 2 als Gesamtgläubigerinnen 3.629,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2007 zu zahlen;
4. an die Klägerinnen zu 1 und 2 jeweils 1.212,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.3.2010 zu zahlen;
5. die Grundbucheintragung der beiden in dem Grundbuch des AG Neustadt a. Rbge. eingetragenen Grundstücke der Gemarkung Mayenfeld, Blatt ..., Flur ..., Flurstück Nr ..., sowie Blatt ..., Flur ... 1, Flurstück Nr ... an die Klägerin zu 2 sowie Herrn ... zu je hälftigem Miteigentum zu bewilligen;
6. die Klägerin zu 1 gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten, den Rechtsanwälten ..., wegen der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 596,90 EUR freizustellen;
7. die Klägerin zu 2 gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten, den Rechtsanwälten ..., wegen der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.023,60 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin zu 2, die Berufung der Klägerin zu 1 sowie die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtss...