Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber auf Ersatz der Kosten eines Baugerüsts für die über die vertragliche Laufzeit hinausreichende Aufstellung hinaus richten sich allein nach Mietrecht.
2. Verlangt der Auftraggeber über die vertragliche Laufzeit hinaus eine weitere Vorhaltung des Gerüstes, steht dem Auftragnehmer ein Kündigungsrecht recht zu. Unterlässt der Auftragnehmer die Kündigung, stehen ihm keine Ansprüche gegen den Auftraggeber zu.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 27.09.2006; Aktenzeichen 12 O 169/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.9.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Berufungswert: 50.112 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Mehrkosten/Schadensersatz für über die vertragliche Laufzeit hinausreichende Aufstellung eines Baugerüsts am Bauvorhaben der Beklagten in H.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das LGU verwiesen, das die Klage abgewiesen hat.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ansprüche weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass für die geltend gemachten Mehrkosten eine Anspruchsgrundlage aus §§ 6 Nr. 6, 2 Nr. 5 VOB/B, §§ 642, 313 BGB gegeben sei. Insbesondere die Voraussetzungen des § 6 Nr. 6 VOB/B seien vorliegend entgegen der Ansicht des LG gegeben. Ein Mitverschulden ihrerseits liege nicht vor. Ein Abbau des Gerüstes sei angesichts entgegenstehender Weisung der Beklagten und drohender Ansprüche nicht zumutbar gewesen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.112 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 1.2.2006 sowie 749,95 EUR Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Bei dem hier vorliegenden selbständigen Gerüstbauvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der z.T. werkvertragliche Elemente enthält (Auf- und Abbau) sowie hinsichtlich der Vorhaltung des Gerüstes mietvertragliche Elemente (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, § 1 VOB/A Rz. 80; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl. Einf. § 631 Rz. 24; Lotz, BauR 2000, 1806; allgemein für die Anwendung von Mietrecht: OLG Hamm v. 11.7.1986 - 7 U 74/86, BauR 1987, 577).
Die danach gebotene Differenzierung zeigt sich auch daran, dass nach DIN 18451 die ersten vier Wochen der Vorhaltezeit als Nebenleistung bezeichnet werden. Erst bei Gestellung über diese Zeit hinaus ist eine weitere Vergütung für die Vorhaltung des Gerüstes vorgesehen. So sind die Parteien auch im vorliegenden Fall verfahren. Für die Gerüstarbeiten war eine Ausführungsfrist vom 26.7. bis 9.12.2004 vereinbart (K 1). Aus dem Leistungsverzeichnis ergibt sich eine Grundstandzeit von vier Wochen, die mit entsprechenden Einheitspreisen für Auf- und Abbau berechnet ist. Für die weitere Vorhaltung über die Grundstandzeit hinaus sind dagegen Preise pro qm und Monat berechnet. Die Gebrauchsüberlassung war damit an eine Monatsvergütung in Abhängigkeit von der Anzahl der Quadratmeter des Gerüstes geknüpft.
Im Streit ist zwischen den Parteien die Frage, ob und in welcher Höhe der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, weil die Beklagte über die vereinbarte Bauzeit hinaus die weitere Vorhaltung des Gerüstes verlangt und die Klägerin das Gerüst hat stehen lassen.
Für diesen Bereich stehen daher mietvertragliche Elemente im Vordergrund, so dass etwaige Ansprüche der Klägerin sich danach auszurichten haben.
Demgegenüber "passen" die Regeln des Werkvertragsrechts und der VOB/B nicht für die vorliegende Konstellation.
§ 6 Nr. 6 VOB/B, auf den die Klägerin in erster Linie ihren Anspruch stützt, regelt einen Ersatzanspruch für Behinderungen, die der andere Vertragsteil zu vertreten hat. Erfasst sind damit regelmäßig Fälle, in denen der Unternehmer an der Ausführung seiner Leistung gehindert ist, etwa weil sich die Bauzeit verlängert und er mit seinen Leistungen erst später beginnen kann.
Der Fall, dass ein Gerüst über die vereinbarte Vertragszeit hinaus aufgestellt bleibt oder bleiben soll, weil es im Bauablauf zu Verzögerungen gekommen ist, lässt sich jedoch nicht unter eine Behinderung i.S.d. § 6 VOB/B subsumieren. Die Klägerin hatte jedenfalls mit Ablauf des Dezember 2004 die vertraglich vereinbarte Zeit für die Gerüststellung erbracht. Eine Behinderung der Klägerin liegt nicht darin, dass die Beklagte darüber hinaus die weitere Vorhaltung verlangt hat. Allenfalls könnte man darin eine Behinderung sehen, dass sich die Klägerin vor die Frage gestellt sah, ob und unter welchen Voraussetzungen sie berechtigt war, ihr Gerüst nunmehr abzubauen.
Entsprechende Regelungen für diese Frage lassen sich dagegen dem Mietrecht entnehmen. Die Parteien haben die Gebrauchsüberlassung über die zunächst vereinbarte Zeit fortgesetzt. Darin ist die schlüssige vertragliche Verlängerung der Vorhaltung zu sehen, die die Kläger...