Leitsatz (amtlich)
Eine auf Rückgabe von Direktzahlungsansprüchen gerichtete ergänzende Vertragsauslegung einer Rückgabeklausel in einem Landpachtvertrag aus der Zeit vor Inkrafttreten der GAP-Reform ist ausgeschlossen, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, für welche von mehreren Lösungsmöglichkeiten sich die Parteien in Bezug auf die betriebsindividuellen Anteile der streitigen Zahlungsansprüche entschieden hätten.
Normenkette
BGB §§ 157, 596
Verfahrensgang
AG Langen (Urteil vom 24.08.2006; Aktenzeichen 8a Lw 21/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Langen vom 24.8.2006 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 15.176 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Abtretung von EU-Zahlungsansprüchen nach beendetem Pachtverhältnis.
Der Kläger, der selbst noch aktiv Rindermast betreibt, hatte mit der beklagten GbR einen "Zupachtvertrag", Laufzeit: 3 Jahre, geschlossen, der zum 31.3.2006 endete (Bl. 6 ff. d.A.). Die Flächen, nämlich ca. 7,2 ha Ackerland und 28 ha Grünland, sind inzwischen zurückgegeben und anderweitig verpachtet (Bl. 141 d.A.).
Der Kläger verlangt die Abtretung der "auf den Pachtflächen ruhenden" Zahlungsansprüche an ihn als Verpächter. Zwar bestehe ein solcher Anspruch nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen der Entkoppelung von der zugrunde liegenden Fläche nach Maßgabe der EG Verordnung nicht von Gesetzes wegen. Insbesondere § 596 BGB sei danach nicht einschlägig. Indes könnten die Parteien eine abweichende vertragliche Regelung treffen, was hier gem. § 18 Nr. 9 des Zupachtvertrages konkret geschehen sei. Die betreffende Vertragsklausel lautet:
"(9) Sollte der Pächter mit den hier verpachteten Nutzflächen bei einer Änderung des bisherigen EU-Flächenbeihilfe- und Tierprämienrechts anteilige Betriebsprämienansprüche übertragen erhalten, sei es direkt vom Verpächter oder - auf Veranlassung des Verpächters - vom Vorbewirtschafter dieser Flächen, so ist der Pächter verpflichtet, ggf. die entsprechenden Betriebsprämienansprüche bei Beendigung des Pachtvertrages an den Verpächter oder - auf dessen Aufforderung - an den Nachfolgebewirtschafter unentgeltlich zu übertragen, soweit das rechtlich dann möglich und zulässig ist."
Das Landwirtschaftsgericht hat der Klage unter Auslegung der zitierten Vertragsklausel stattgegeben. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen sowie wegen der Gründe der Entscheidung wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie geltend macht, bei den Vertragsverhandlungen habe keine Einigkeit darüber geherrscht, dass dem Kläger die staatlichen Prämienansprüche auf jeden Fall erhalten bleiben sollten. Es sei unzutreffend und vom Landwirtschaftsgericht zu unrecht als unstreitig angesehen worden, dass im Hinblick hierauf und in Kenntnis der bevorstehenden Änderung des Prämienrechts § 18 Nr. 9 des Zupachtvertrages von Dr. H. (Landvolk) formuliert worden sei. Ferner handele es sich um eine mehrfach verwendete AGB - Klausel, weshalb Unklarheiten im Zweifel zu Lasten des Klägers gingen. Im Übrigen habe Dr. H. auf entsprechende Frage telefonisch bestätigt, dass es seinerzeit bei Formulierung der streitigen Vertragsklausel nicht um EU-Zahlungsansprüche, sondern nur um die Bullenmastprämie gegangen sei (Bew.: Zeugnis Dr. H.).
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Bei Abschluss des Pachtvertrages sei in keiner Weise bekannt gewesen, wie sich die neue prämienrechtliche Situation darstellen würde. Insbesondere sei nichts über eine mögliche Entkoppelung bekannt gewesen. Er, der Kläger, habe jedoch darauf hingewiesen, dass ihm daran gelegen sei, sichergestellt zu wissen, dass er Prämien nicht verlieren würde, die während des Pachtverhältnisses zuerkannt würden. Entsprechend habe Dr. H. § 18 Nr. 9 des Zupachtvertrages formuliert.
Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei zu ermitteln, was die Parteien geregelt hätten, wenn ihnen die konkrete Form der Ausgestaltung des EU-Prämienrechts bekannt gewesen wäre. Selbstverständlich wäre dann auch in den Vertrag aufgenommen worden, dass die Beklagte bei Beendigung des Pachtvertrages verpflichtet sein sollte, ihm die EU-Zahlungsansprüche zu übertragen.
II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Zutreffend ist das Landwirtschaftsgericht zunächst davon ausgegangen, dass nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung ein gesetzlicher Anspruch auf die Übertragung der EU-Zahlungsansprüche nicht besteht. Insbesondere § 596 BGB ist insoweit nicht anwendbar (vgl. Senat, Urt. v. 5.7.2006 in RdL 2006, 221 = OLG Celle v. 5.7.2006 - 7 U 67/06 (L), OLGReport Celle 2006, 595; Urteile des BGH, Senat für Landwirtschaftssachen, jeweils vom 24.11.2006 - AZ.: LwZR 1/06, LwZR 3/06, LwZR 4/06, LwZR 6/06).
2. Abweichend von der Auffassung des Landwirtschaftsgerichts lässt sich ein derartiger Anspruch ...